Samstag, 8. August 2009         
5 Uhr, raus aus den Federn! Nach schneller Katzenwäsche fahren wir unsere beiden bis obenhin vollgestopften Seesäcke zur Bushaltestelle im Gefilde. Wir haben etwa 30 kg Zeug dabei. Steffi humpelt immer noch ein wenig, da sie sich vor 2 Monaten den linken Mittelfußknochen gebrochen hat. Sie wartet an der Busstation bis Werner das Auto zurückgefahren hat. Um 6 Uhr 24 bringt uns der Bus zur U-Bahn. Angekommen am Flughafen begeben wir uns sogleich zum Check-In um die beiden Seesäcke los zu werden. Man merkt die Urlaubs-Hoch-Zeit, es sind Menschenmassen unterwegs, die alle abfliegen möchten. Wir fliegen mit United Airlines zuerst nach London, dann weiter nach San Francisco und erhalten bereits in München die Sitzplatzkarten für beide Flüge. Leider gibt’s keinen Fensterplatz mehr – schade! Pünktlich geht’s los. Der Bus bringt uns weit entfernt übers Rollfeld zum Flieger. Nach 1 Stunde 35 Minuten kurven wir über London. Es geht direkt über die Themse, Westminster Abbey und die London Bridge nach Heathrow. Jetzt haben wir 4 Stunden Zeit uns den Duty-Free ausgiebig anzusehen. Wir schlendern so rum als plötzlich Boris Becker mit seiner frisch vermählten, schwangeren Lilly vor uns stehen. Eilig suchen die beiden ihr Gate. Bis unser Flieger um 14 Uhr 10 startet bleibt noch genügend Zeit die Geschäfte hier ausgiebig kennenzulernen. Das Gate 56 ist ewig weit entfernt, wir latschen und latschen bis wir endlich dort sind. Jede Menge Menschen wollen in unseren Flieger.

 

Auch der Flug nach San Francisco ist vollkommen ausgebucht. Zu unserer Überraschung bekommen wir Sitzplätze mit viel Fußfreiheit, na wenigstens etwas! Aber leider sitzen wir in der mittleren Fünfer-Reihe. Was aber ganz egal ist, da der Kapitän gleich nach dem Start anordnet alle Fenster zu verdunkeln. Er meint, sicher möchten einige Fluggäste auf diesem Langstreckenflug ausruhen und schlafen und das wäre bei Dunkelheit besser. Wir glauben wir spinnen – es handelt sich um einen 11 Stunden dauernden Tagflug. Ab: London 14 Uhr  10, An: San Francisco 17 Uhr, also immer schön mit der Sonne und alle sitzen hier drin bei absoluter Dunkelheit. Wir glauben, dass das nur gemacht wird, damit die Leute einpennen und die Besatzung viel weniger Arbeit mit den 330 Fluggästen hat. Auf dem winzigen Monitor schauen wir uns irgendeinen Käsefilm an. Werner hat seine Ohrhörer vergessen, so dass er eh kaum was mitkriegt. Nach Mitteleuropäischer Zeit dauert der Flug bis 4 Uhr morgens, d.h. wir werden natürlich entsprechend müde. Steffi beugt sich weit über den Tisch und pennt ein. Werner steht ein paar Mal auf und öffnet das Fenster der hinteren Ausstiegstüre. Leider sind nur Wolken zu sehen. Aber auch der Flug geht irgendwann vorbei.

 

Angekommen in San Francisco suchen wir uns die S-Bahn, die heißt hier BART (Bay Area Regional Transport). Per Kreditkarte kaufen wir uns zwei Karten, das Stück für 8$10. Das System ist sehr einfach zu durchschauen. Wir rattern etwa 30 Minuten in die City ein. Am Civic Center steigen wir aus, denn das ist die nächste Station zu unserem Hotel „Holiday Inn Golden Gate“, 1500 Van Ness Avenue. Werner schleppt die beiden schweren Seesäcke von der S-Bahn Station einige Stockwerke hoch bis zur Straße. Wir schnappen uns ein Cab für 8$ zum Hotel. Beim Einchecken ins Hotel will man von uns eine Kreditkarte sehen, obwohl das Zimmer bereits bezahlt ist – ohne Kreditkarte ist man in Amerika einfach nicht vertrauenswürdig. Nachdem wir unser Gepäck ein wenig umgepackt haben, stürmen wir nach draußen. Ein eiskalter Wind pfeift uns entgegen, brrr. Wir laufen eine Straße rechts, dann links und kommen schließlich in ein kleines thailändisches Restaurant in dem bereits viele Leute essen. Wir bestellen Seafood und chinesisches Tsing Tao Bier. Schmeckt beides ganz lecker. Es ist nun 22 Uhr hier. Mit 9 Stunden Zeitunterschied ist es in Deutschland also 7 Uhr morgens, d.h. wir werden langsam wieder wach, sollten aber nun versuchen einzuschlafen. Wir wälzen uns hin und her, aber irgendwann gelingt es dann doch. Jedoch nur bis 1 Uhr nachts. Ping – gehen die Äugelein auf. Der Körper ist auf 10 Uhr Vormittag und meldet wir mögen doch nun endlich aufstehen, na prima!

Sonntag, 9. August 2009        
Da wir das Hotel ohne Frühstück gebucht haben, sitzen wir nun in einer typisch amerikanischen Frühstückskneipe. Einige Amis sitzen am Tresen und frühstücken. Viele essen Homefries, also Bratkartoffeln, mit fettem Bacon und Toast. Alle Wände im Café sind vollgeklebt mit Fotos ehemaliger Gäste. Die Frühstückskarte ist enorm, ebenso die Portionen. Wir bestellen Omelett mit frischem Spinat und Pilzen, dazu gibt’s Toast und Bratkartoffeln. Der Kaffee wird nachgeschenkt bis zum Abwinken. Wir sind gerade noch rechtzeitig hier eingetrudelt – der Laden füllt sich immer mehr und nach kurzer Zeit ist der Schuppen voll. Es geht recht cool und freundlich zu. Die Betreiber sind Chinesen. Mit unseren vollen Bäuchen sind wir froh, dass es bergab geht zur Fishermans Wharf. Fishermans Wharf ist ein Hafenviertel im Nordosten von San Francisco und zählt zu den Haupttouristenattraktionen, da viele der beliebtesten Sehenswürdigkeiten dort beheimatet sind. Etwa die Pier 39 mit seinen vielen Attraktionen und Buden.

 

Das Viertel ist geprägt von Restaurants, die bekannt sind für ihre Fisch- und Meeresfrüchte-Spezialitäten. Daneben haben sich viele Geschäfte, Galerien und Museen niedergelassen. Von Fishermans Wharf aus starten auch die Fähren nach Alcatraz. Entstanden ist Fishermans Wharf um 1900, als dort italienische Fischer siedelten. Seit den 50er Jahren entwickelte sich das Viertel zu einem Touristengebiet, das heute zur Nummer 1 in San Francisco avanciert ist und noch mehr Besucher verzeichnet als die Golden Gate Bridge oder China Town. Wir sehen rüber nach Alcatraz, das gar nicht weit weg im Meer liegt. Wegen des eiskalten Wassers in der Bucht und der tückischen Strömung war die Insel für ein Gefängnis ideal gelegen, da eine Flucht unmöglich schien. Es fungierte bis 1963 als Hochsicherheitsgefängnis, in dem Gefangene untergebracht wurden, die in anderen Gefängnissen als unverbesserlich und schwierig eingestuft wurden. Unter ihnen befanden sich so bekannte Gangster wie Al Capone (1934–1939), Robert Franklin Stroud (1942–1959), Machine Gun Kelly (1934–1951) und Alvin „Creepy“ Karpis (1936–1962). Insgesamt 1.576 Häftlinge waren auf Alcatraz inhaftiert, davon nie mehr als 302 gleichzeitig. Die Gefängniswachen lebten mit ihren Familien auf der Insel; insgesamt rund 300 Zivilisten, darunter 80 Kinder. 36 Gefangene versuchten in den 29 Jahren zu fliehen, aber es gab keinen bekannten erfolgreichen Ausbruch. Die Zellen waren 1,52 Meter × 2,74 Meter groß, mit Waschbecken, Toilette und Bett. Hier hielten sich die Häftlinge zwischen 18 und 23 Stunden am Tag auf, alles andere waren Sondervergünstigungen, die nur bei guter Führung gewährt wurden. Auch die Teilnahme am Arbeitsprogramm war eine Sondervergünstigung, z.B. wurden Verkehrsschilder hergestellt. Das Gefängnis hatte als einziges im Land Warmwasserduschen, um die Gewöhnung an kaltes Wasser für etwaige Fluchtversuche zu verhindern. Während der 29 Jahre dauernden Nutzung gelang offiziell niemandem der Ausbruch aus dem Gefängnis. Alle 14 Versuche waren entweder erfolglos oder endeten tragisch, da die Flüchtigen entweder erschossen (6) wurden oder in dem eiskalten Wasser der Bucht von San Francisco ertranken. Die einzigen Haie vor Alcatraz waren dabei Katzenhaie, die Geschichten über sie wurden nur zur Abschreckung verbreitet. Wegen der hohen Betriebskosten und des zunehmenden Verfalls der Anlage durch das Salzwasser, was ständige Instandhaltung der alten Gemäuer notwendig machte, ordnete Justizminister Robert F. Kennedy am 21. März 1963 die Schließung des Gefängnisses an. Seitdem ist die Insel unbewohnt. Wir wandern an der Fishermans Wharf am ersten Pier zu einigen historischen Schiffen. An den Anlegestellen hören und sehen wir sogar ein paar Seelöwen.

 

Wir beschließen uns mit Sightseeing-Bussen erst einmal einen Überblick über die Stadt zu verschaffen. Beim erst Besten fragen wir nach dem Preis. Es gibt diverse Touren, alle farblich unterschiedlich. Eine Tour kostet 26$ pro Person, alle 5 Touren zusammen „all day long“ gibt’s für 117$. Das Ticket gilt für 2 Tage, aber wir haben eh nur heute Zeit. 117$ sind uns natürlich erheblich zu viel. Wir verdrehen ein wenig die Augen und gehen nicht auf sein Angebot ein. Er quatscht uns zu und preist die tolle Tour. Als wir nicht darauf eingehen, aber wohlwollend stehenbleiben, fällt der Preis peu à peu. Am Ende bietet er uns das Ticket für 50$ pro Person an. Werner meint dann, okay, wir überlegen es uns und dass wir erst mal da vorne einen Drink nehmen werden. Bevor wir gehen fällt sein Angebot auf 40$ (also 28€). Das scheint uns fair zu sein, wir willigen ein. Das Wetter ist heute richtig klasse, schon fast heiß, nicht gerade so üblich für San Francisco. Bis zur Abfahrt unseres ersten Busses haben wir noch ein halbes Stündchen Zeit und die nutzen wir, um mit vielen anderen Touristen die Fishermans Wharf auf und ab zu laufen. Jede Menge Ramsch wird hier angeboten. Unser Bus startet pünktlich um 11 Uhr von der Leavenworth Street. Wir haben als erste Tour die Route zur Golden Gate Bridge geplant. Diese Tour findet nur zweimal täglich statt. Der Bus ist praktisch ein Cabrio und voll besetzt. Die Sitzplätze sind für so manchen fetten Ami viel zu klein und für fette Pärchen fast schon eine Qual. Wir zwei setzen uns in die letzte Reihe, da haben wir die luftigsten Plätze und den besten Überblick. Unser erster Stopp bringt uns zum Museum of Fine Arts. Für 10 Minuten wird hier angehalten. Gegenüber stehen schmucke Häuschen, hier ließe es sich bestimmt auch gut aushalten. Ein roter Van parkt an der Ecke mit der Aufschrift „Who let the dogs out?“. Das sind professionelle Gassigeher, die manchmal bis zu 25 Hunde auf einmal ausführen. Angeblich gibt es in San Francisco mehr Hunde als Kinder.

 

Dann geht’s schon wieder weiter, rauf auf die Schnellstraße zur Golden Gate Bridge. Sie ist 2,8 km lang und 25 m breit, die beiden Pylonen sind jeweils 227 m hoch und stehen 1.280 m voneinander entfernt. Die Brücke wurde am 19. April 1937 fertig gestellt und am 28. Mai des Jahres offiziell für den Verkehr freigegeben. Diese besondere Konstruktion wird ständig instand gehalten, bzw. für mögliche nächste Erdbeben laufend auf den neuesten technischen Stand gebracht. Das Golden Gate (zu Deutsch goldenes Tor) ist eine Meerenge, die den Pazifik mit der Bucht von San Francisco verbindet. Es ist etwa acht Kilometer lang und zwischen 1,6 und drei Kilometer breit. Sie erhielt ihren Namen in der Zeit des großen Goldrausches um 1848. Zu dieser Zeit kamen Tausende von Goldsuchern und Glücksrittern mit Schiffen durch die Meerenge und ankerten im Hafen von San Francisco. Da der Goldrausch Wohlstand und Reichtum verhieß, wurde der Begriff schnell von der Öffentlichkeit übernommen und zum Inbegriff für den Zugang zum Glück gemacht. Vom kalten Pazifik drückt kalter Nebel in die Bucht.

Die Golden Gate Bridge schaut aus dem Nebel kaum heraus. Wir fahren voll in die Nebelschwaden rein. An den Brückenpfeilern sind Nebelhörner angebracht, die zyklisch ihren sonoren Sound wiedergeben. Nachdem wir die Golden Gate Bridge halb überquert haben, bricht der Nebel auf und wir fahren unter den riesigen, von der Sonne angestrahlten, orangefarbenen Pfeilern hindurch. Eine gewaltige Sache. Es gibt auch einen Fußgängerweg über die Brücke, den auch viele Touristen benutzen. Auf der anderen Seite halten wir in der blanken Sonne auf einem kleinen Parkplatz. Leider haben wir nur 10 Minuten Zeit, von denen die fetten Amis, die natürlich ganz vorne sitzen, bereits die Hälfte brauchen um aus dem Bus auszusteigen. Der Parkplatz ist voll mit Touristen. Über der Skyline von San Francisco schwebt ein großer Zeppelin. Schnell, schnell ein paar Aufnahmen gemacht und schon kurvt der Bus ein paar Serpentinen runter nach Sausalito. Wir fühlen uns unmittelbar an die Cote d’Azur versetzt: Die Promenade mit blühenden Büschen, interessanten Läden und guten Restaurants lockt Einige im Bus hier am Yachthafen auszusteigen. Wir wollen aber nicht 2 Stunden auf den nächsten Bus warten und fahren nach kurzem Aufenthalt über die inzwischen fast vollständig in der Sonne liegende Golden Gate Bridge zurück nach San Francisco.

 

Dort springen wir gleich auf den nächsten Bus, die rote Linie für die Downtown Tour. Das ist nun ein Doppeldeckerbus der mit einem kalifornischen Sunnyboy Guide bestückt ist. Er versucht cool und gepaart mit ein paar netten Witzchen seine Infos unter die Folks zu bringen. Es geht los, die Fishermans Wharf entlang, einmal quer durch den Financial District. Das Viertel zeichnet sich durch eine Reihe von Wolkenkratzern aus. Die höchsten Gebäude der Stadt befinden sich hier, darunter das der Bank of America und die Transamerica Pyramide. Viele große Unternehmen, Anwaltskanzleien, Banken und andere Finanzinstitute haben sich in diesem Viertel niedergelassen. Unter anderem befindet sich hier der Firmensitz von VISA, Wells Fargo Bank, Union Bank of California und die zwölfte regionale Federal Reserve Bank der USA. Es gibt zahlreiche Einkaufszentren in diesem Gebiet, wie zum Beispiel das Embarcadero Center und das Ferry Building. Das Viertel wurde durch das Erdbeben 1906 größtenteils zerstört, wobei wie durch ein Wunder die Wolkenkratzer stehen blieben. Auf Grund landesweiter Höhenbeschränkungen wegen der Erdbebengefahr blieb die Bebauung des Viertel zunächst relativ niedrig. Doch nachdem in Folge neuer Techniken zur Erhöhung der Stabilität und Verbesserung der Verbindung zwischen Bauwerk und Fundament eine Lockerung der Höhenbeschränkungen erfolgt war, wurde ab den späten 1950ern ein wahrer Wolkenkratzer-Boom ausgelöst. Statt Bürogebäuden wurden zunehmend teure Eigentumswohnungen und Hotels errichtet, darunter das Four Seasons Hotel, The Paramount, das mit 40 Stockwerken höchste Mehrfamilienhaus in San Francisco und an der Westküste. Wir steigen am Union Square aus zum Umsteigen in die Green-Line. Das ist der einzige Bus, der heute in den Golden Gate Park fährt. Da dieser erst in 45 Minuten hier abfährt nutzen wir die Zeit und schlendern durchs Macy’s, ein Edel-Kaufhaus am Union Square. Tolle Klamotten und tolles Geschirr gibt’s hier zu bewundern. Wir versuchen bei Eagle Rider, unserem Harley Vermieter anzurufen um einen Transfer für morgen früh zu organisieren, aber leider erreichen wir dort niemand. Wir sind 15 Minuten vor Abfahrt des Green-Line-Busses an der Haltestelle. Uns erwartet bereits eine Menschenmenge. Ungefähr 50 Leute stehen bereits in einer Reihe hier. Na toll! Damit dürfte ein Plätzchen auf dem Sonnendach des Busses wohl gestorben sein. Als der Bus kommt, steigen alle gesittet in einer Reihe hintereinander ein. Keiner drängelt. Werner schaut kurz nach oben aber es ist natürlich nichts mehr zu machen – oben ist voll. Also setzen wir uns unten rein.

 

Das Fenster ist auch noch mit einem Sonnenschutz zugeklebt – sehr sinnig für einen Touri-Sightseeing-Bus – so dass man kaum mehr was sieht. Dieser Bus bringt einen Guide mit, den man kaum versteht. Er spricht in affenartiger Geschwindigkeit, noch sinniger für einen Touri-Sightseeing-Bus! Wir rattern die viktorianischen Häuserzeilen entlang und kommen nach 15 Minuten am Golden Gate Park an. Dort am Museum of Science steigen ein paar Leute vom Oberdeck aus. Jetzt aber flott nach oben. Wir ergattern die letzten beiden Plätze, juhu! Es geht quer durch den riesigen Park. Der Golden Gate Park ist einer der größten innerstädtischen Parks der Welt. Mit seinen 4,1 Quadratkilometern (5 km lang und 800 m breit) ist er sogar größer als der Central Park in New York. Allerdings liegt er nicht so zentral, eher randständig im Westen inmitten ausgedehnter Wohngebiete, rund 6 Kilometer vom Zentrum der Stadt entfernt. Tausende nutzen den Park jetzt am Sonntagnachmittag. Die japanischen Teehäuser sind überfüllt mit Menschen. Nach dem Park tuckern wir durch den flippigen Stadtteil Mission District. Hier ist die Hippiezeit noch lebendig. Aus einem Haus hängen riesengroße (Gips-)Beine eines leichten Mädchens in Netzstrümpfen heraus.

Die Leute hier tragen flippige Kleidung und sind desöfteren etwas zahnlos. Schließlich erklimmt der Bus die steile Straße hoch zu den Painted Ladies am Alamo Square. Bei den Painted Ladies handelt es sich um eine Häuserzeile mit historischen Häusern in denen ehemals Spielhöllen und Bordelle betrieben wurden und die nunmehr mit ihren gepflegten Fassaden den Blick auf die Skyline untermalen. Dann geht es zurück in den Stadtteil North Beach. Vorbei an der Church of St. Peter & Paul (die Kirche in der Marylin Monroe geheiratet hat), der Lombard Street (die steilste Straße in San Francisco) und der Bay-Bridge (die eifersüchtige Schwester der Golden Gate Bridge) kommen wir wieder zurück zur Fishermans Wharf. An der Pier 39 steigen wir aus. Die Pier 39 ist eine ehemalige Bootsanlegestelle, die heute einen ganzjährigen Rummel mit Souvenirläden, Fahrgeschäften, Restaurants und ein Aquarium beherbergt. Die Pier ist eine bekannte und sehr beliebte Touristenattraktion. Neben den kommerziellen Einrichtungen gibt es auch eine kostenlose Attraktion: Es haben sich kalifornische Seelöwen auf Anlegestellen an der Pier angesiedelt und nutzen diese als Ruheplätze. Die Seelöwenkolonie, die man vom umliegenden Kai aus beobachten kann, hat sich im Winter 1989/90 am Dock K etabliert. Nach einem Erdbeben am 17. Oktober 1989 gab es Erneuerungsarbeiten an der Steganlage. In dieser bootsfreien Zeit siedelten sich die ersten Seelöwen am Pier an. Über die nächsten Monate verließen die Seelöwen ihren bisherigen Stammplatz, den Seal Rock nördlich vom Ocean Beach, und besetzten den bequemen Steg. Die natürlichen Feinde, Haie und Orcas, sind in der Bucht von San Francisco selten zu finden. Die üppigen Fischgründe in der Bucht sind eine gute Nahrungsquelle. Gab es Ende 1989 eine Kolonie von 6 bis 10 dauerhaft auf der Steganlage lebenden Seelöwen, wuchs die Population in den nächsten Monaten auch nach Wiederbenutzung der Bootsanlegeplätze auf über 400 Seelöwen. Die Betreiber der Pier 39, Bootsbesitzer und Anwohner empfanden die dauerhafte Anwesenheit zunächst als Störung.

Die Bootsbesitzer gelangten nicht mehr ohne Risiko an den bis zu 450 kg schweren Tieren vorbei zu den Booten. Zusätzlich gab es Sachschäden sowie Belästigung durch Lärm und Geruch. Nachdem aber inzwischen massenweise Touristen an die Pier kamen um die Seelöwen zu sehen, wurde 1990 das Dock für den öffentlichen Boots- verkehr geschlossen; die Anlage wurde den Seelöwen überlassen. Durch die weiter anwachs- ende Population gab es Schäden an der Steganlage. Das Gewicht von bis zu über 1.000 Tieren drückte die Stege unter Wasser. Der Steg verrottete und drohte auseinander-zubrechen. Im Jahr 1995 wurde die alte Steganlage entfernt und durch etwa 3 mal 4 Meter großen Pontons als Ruhefläche für die Seelöwen ersetzt. Um 17 Uhr fahren wir mit dem Bus zurück zur Leavenworth Street. Um 19 Uhr startet hier der Nachttour-Bus. Nicht weit finden wir eine kleine Pizzeria, natürlich wieder unter asiatischer Leitung. Es gibt eine 10“-Pizza, die wir uns teilen, schmeckt sehr gut und ist vollkommen ausreichend für 2 Leute, dazu ein Budweiser. Wir versuchen noch eine SMS an Steffis Mutter zu senden. Leider gibt es Probleme den richtigen Betreiber zu finden und so sind wir eine halbe Stunde gut beschäftigt bis die SMS endlich abgeschickt werden kann. Da wir nun gelernt haben, dass die Busse ziemlich voll sein können, stehen wir bereits um 18 Uhr 30 in der Warteschlange des Nachtbusses.

 

Nur ein paar Leute sind vor uns, prima! Wir sind Nr. 10, somit haben wir eine ausgezeichnete Chance einen Dachplatz zu bekommen. Um 19 Uhr rollt der Bus an. Wir steigen auf und sogleich geht es los. Erneut werden wir vom blonden Sunny-Boy begleitet, den wir bereits heute Morgen als Führer hatten. Es geht hoch auf den Nob-Hill vorbei an der Grace Kathedrale. Auf der California Street braust der Bus steil nach unten. Der Fahrer versucht eine Achterbahnfahrt mit diesem riesigen Bus nachzumachen. Es gelingt ihm tatsächlich, dass einige ein wenig Angst kriegen und anfangen zu kreischen. Besonders als wir mit 60 Sachen den Berg runter rauschen und von links ein Müll LKW rückwärts auf die Straße fährt. Manche finden das lustig, den anderen rutscht das Herz in die Hose. Erneut geht’s an den Painted Ladies vorbei, nur diesmal mit schöner Abendstimmung – die Skyline von San Francisco mit untergehender Sonne. Die Kameras klicken. Zurück durch die Hochhäuserschluchten zur Fishermans Wharf. Den ganzen Tag haben wir uns über unsere mitgenommenen, dicken Pullover geärgert, aber jetzt sind wir darüber froh. Abends ist es hier sehr kühl und windig. Wir stapfen in 30 Minuten in unser Hotel in der 1500 Van Ness Avenue. Dabei gehen uns noch mal die vielen Sehenswürdigkeiten des heutigen Tages durch den Kopf. Ohne die Busse hätten wir heute bestimmt nicht so viel sehen können. Da San Francisco sehr, sehr hügelig ist, wäre es zu Fuß außerordentlich anstrengend geworden.

 

Montag, 10. August 2009        
Wieder sind wir mitten in der Nacht wach, der Jetlag lässt grüßen! Gegenüber dem Hotel ist das Toffies, ein Café in dem wir einen guten Espresso erwarten. Aber leider ist die italienische Maschine kaputt, so begnügen wir uns wieder mit der amerikanischen Kaffeebrühe. Wenigstens gibt’s leckere Muffins dazu. Wir schnappen unser Gepäck und ein Taxi, das uns zu Eagle Rider bringt. Es ist 8 Uhr 55 als wir unsere Gepäckrollen vor der noch verschlossenen Eingangstür ablegen. Punkt 9 Uhr wird der Laden aufgesperrt. Eine 10 köpfige Gruppe Schweizer Harley Fahrer drängt sich gleich rein. Ein Mitarbeiter von Eagle Rider winkt uns zu sich. Er übergibt uns die Anträge zur Übergabe der Harley. Werner muss das ganze ungefähr zehn Mal unterschreiben, auch dafür, dass man Eagle Rider auf keinen Fall verklagt, ganz gleich was auch passiert. Wir haben bereits von Deutschland aus eine Vollversicherung für die Harley abgeschlossen. In Deutschland kostet die Maschine 37.000 Euro. Das einzige was nicht versichert ist, sind Reifenschäden und eine Selbst- beteiligung von 2.000 $ bei Diebstahl. Werner hat von Zuhause 7 kg Schlösser mitgebracht um es potentiellen Dieben nicht gar so einfach zu machen.

 

Wir haben eine Electra Glide gemietet. Ein wirklich fettes Teil, circa 420 kg schwer, mit zwei fest montierten Seitenkoffern, einem großen Top Case, Windschutz, Radio und CD-Spieler. Von Zuhause haben wir zwei Dutzend selbst gebrannte CDs mitgenommen, passend zu den entsprechenden Landschaften. Wir bekommen noch zwei Harley Helme dazu. Es gibt eine kurze Einweisung wie die ganze Kiste so funktioniert. Eilig füllen wir die Koffer und das Top Case mit dem Inhalt unserer beiden Seesäcke. Die Harley und wir stehen in der Sonne, es ist schön heiß. Steffi wird’s mulmig. Jetzt wo die Sache konkret wird, fängt sie an zu zittern. Sie hat Angst vor der riesigen Harley. Sie steigt vorsichtig auf das Motorrad, Werner lässt die Kiste an und fährt los. Es geht nach Sonnenstand erst mal nach Osten über die mehrere Kilometer lange, grau-blaue Bay-Bridge. Sie hat zwei Plattformen. Unten geht es fünfspurig aus San Francisco heraus, oben fünfspurig nach San Francisco hinein. Wir nehmen den Freeway nach Sacramento. Ziemlich lange fahren wir an der Bay entlang. Werner denkt es müsste eigentlich ein Abzweig nach Osten kommen, aber der Freeway geht immer weiter nach Norden. Die Schilder auf dem Freeway zeigen nicht an wohin es geht, sondern nur den Straßennamen nach der Ausfahrt. Werner nimmt eine Ausfahrt und schaut auf der Karte nach. Irgendwann finden wir den Abzweig, der uns nach Osten bringt. Wir fahren bereits seit einigen Kilometern auf dieser Straße als endlich ein Schild „Stockton 3 ¼ Miles“ auftaucht. Wir sind also richtig hier. Die Beschilderung lässt zu wünschen übrig. Das Ganze ist ungefähr so, als wenn man von München nach Garmisch fährt und in Farchant erscheint das erste Schild „Garmisch 5 km“.

 

Es hat 35 Grad und wir nutzen eine Ausfahrt des Freeway um uns mit Wasser und Eistee einzudecken. Freeways sind in etwa wie Autobahnen bei uns, aber ohne jegliche Raststätten. So etwas kennen die Amis nicht. Danach geht’s zurück auf den heißen Asphalt, Meile um Meile. Am Abzweig zur Landstraße Nr. 4 verlassen wir den Freeway und fahren anschließend durch viele kleine Nester. Ewig lange fahren wir durch bewässertes, landwirtschaftliches Nutzgebiet: Mais, Tomaten und Getreide, ab und zu ein paar überfahrene Stinktiere, die, obwohl schon tot, immer noch ordentlich stinken. In der nächst größeren Ortschaft halten wir an einer Tankstelle. Rein in den Shop mit Klimaanlage, ahhh! Hier gibt’s alles: Wein, Angelzeug, Dosenwurst, Cidre, Muffins und Kinderspielzeug. Für uns darfs kalter Cappuccino und Pepsi sein, zisch! Wir tanken das erste Mal. Der Liter kostet 65 Eurocent. Bei der in USA zulässigen Höchstgeschwindigkeit wird die Harley wohl nicht mehr als 5 Liter auf 100 km brauchen. Wir tragen erneut Sonnencreme mit Schutzfaktor 50 auf unser Gesicht. Bei den Helmen schauen leider die Ohren raus, also muss da auch ordentlich was drauf. Dann fahren wir bis zu einem Hinweisschild: „Yosemite Nationalpark“. Gleich dahinter befindet sich ein kleines Infocenter. Wir halten dort an. Steffi ist kurz vor dem Hitzeinfarkt, sie hat immer noch die Lederjacke an. Inzwischen dürften es wohl gut 40 Grad sein. Eine übergewichtige Amerikanerin empfängt uns. Wir werden aufgeklärt, dass die Hotels hier nicht unter 150$ zu haben sind. Je näher man dem Parkeingang kommt umso teurer wird’s. Sie ruft bei einem Hotel an, aber das ist bereits ausgebucht. Jetzt bleibt uns nur noch das Hotel für 155$. So viel wollten wir eigentlich nicht ausgeben. Wir lassen die Hotelfrage offen, bedanken uns recht herzlich und versuchen auf eigene Faust etwas zu finden. Groveland ist die letzte Ortschaft vor dem Eingangstor des Nationalparks. Ein kleines, putziges Örtchen mit netten Häuschen. Hier steht das Hotel Groveland, das uns für 155$ angeboten wurde. Gleich daneben liegt das Motel Groveland. Davon hat uns die Tante vom Infostand nichts erzählt. Wahrscheinlich bekommt sie da keine Provision für eine erfolgreiche Vermittlung. Wir gehen zur Rezeption und fragen nach einen Zimmer. Eine ältere Dame meint, wir könnten das letzte Zimmer für 97$ haben.

 

Wir schlagen sofort zu, billiger wird’s hier wohl nicht mehr werden. Groveland liegt nur eine Fahrstunde vom Yosemite Nationalpark entfernt. Wir packen unsere vielen Tüten ins Zimmer und Werner schließt die Harley mit den sieben Schlössern ab. Das dürfte reichen, wer das Motorrad jetzt trotzdem klauen kann, der hat sich’s auch verdient. Wir holen die kurzen Hosen raus und stapfen ein wenig im Ort herum. Eine alte Holzkirche von 1895, viele Holzhäuser und sogar eine Gruppe Holzbären gibt es als Attraktionen hier zu sehen. Danach wird erst mal kalt geduscht, was für eine Wohltat. Vorne an der Rezeption gibt es kostenlos eiskaltes Wasser, heißen Tee und Kaffee. Nachdem uns die Klimaanlage etwas runter gekühlt hat, stapfen wir rüber ins PJ’s Café, ein Pizza- und Burgerladen wie wir ihn jetzt wohl öfter treffen werden. Steffi zieht sich gleich mal einen doppelten Cheeseburger rein, Werner bevorzugt Salat, dazu einen lauwarmen kalifornischen Rotwein. Nach dem Essen sind wir überrascht, denn es ist zirka 30% teurer als auf der Karte angegeben. Als wir die Kellnerin fragen, meint sie das sei hier so üblich: Es kommen Steuern drauf (die lokal sehr unterschiedlich sind) und man muss aufpassen, ob noch Bedienungsgeld draufgeschlagen wurde. Bis zu 15% kommt als Bedienungsgeld auf die Summe noch drauf und zusätzlich werden mindestens noch 10% als Trinkgeld erwartet. Da wir morgen früh aufbrechen wollen, holen wir uns unten im Supermarkt noch das Frühstück für morgen. Weil wir auch keine Lust mehr auf die fetten Eier und das fette Brot haben, kaufen wir uns ein paar Vitamine: Weintrauben, Paprika, Apfel und Joghurt. Auf dem Zimmer schnurrt der Miefquirl (der Deckenventilator) vor sich hin. Den werden wir heute Nacht auf alle Fälle laufen lassen um ein wenig abzukühlen. Morgen wird’s bestimmt wieder 105 Grad Fahrenheit, also über 40 Grad.

Dienstag, 11. August 2009         
Nach den Weintrauben, dem Apfel und unseren künstlich schmeckenden Joghurts brechen wir früh auf in den Nationalpark. Wir sind noch ganz allein auf der Straße um diese Uhrzeit. Es ist noch angenehm kühl, so dass wir sogar mit Jacken fahren. Durch Wälder mit hohen Bäumen geht’s in weit geschwungenen Kurven stetig nach oben. Werner hat eine CD eingelegt und wir genießen den Sonnenaufgang mit Musik. Am Eingangstor des Yosemite Nationalparks steht ein Schild: 20$ Eintritt pro Person. Wir werden freundlich durchgewunken ohne bezahlen zu müssen, juhu! Zuerst durch ein langes Tal, dann eine enger werdende Bergstraße geht es höher. Auf der gegenüberliegenden Seite türmen sich steile Felswände auf. Das sind bereits die ersten Kletterfelsen des Nationalparks. An einem Parkplatz halten wir an.

 

Jetzt stehen wir direkt vor der Granitfelswand des „El Capitan“. Die Wand ragt fast 1.000 Meter steil nach oben. Sie ist ein berühmter Anziehungspunkt für Freikletterer. Obwohl der Gipfel des El Capitan auf einem einfachen Wanderweg erreicht werden kann, besteht die Herausforderung für Kletterer darin, eine der steilen Granitwände zu durchsteigen, die von zahlreichen langen und schwierigen Kletterrouten durchzogen werden. Die bekannteste Route am El Cap, wie er unter Kletterern oft abgekürzt wird, ist wahrscheinlich die „Nose“ an der Südwand, die 1958 von Warren J. Harding, Wayne Merry und George Whitmore nach insgesamt 47 Klettertagen verteilt über 17 Monate in technischer Kletterei eröffnet wurde. Wegen der natürlichen Linie, der sie folgt, und ihrer Länge und Ausgesetztheit ist sie auch heute noch das Traumziel vieler Kletterer. Im Laufe der 1960er Jahre wurden zahlreiche Anstrengungen an allen Wänden des El Capitan unternommen, die schließlich zu der Erkenntnis führten, dass jede der Wände mit genügend Hartnäckigkeit und Bohrhaken bezwungen werden konnte. Nach dieser Erkenntnis fingen einige der Kletterer an, die Fortbewegung an Bohrhaken abzulehnen und Routen zu suchen, die frei oder mit möglichst wenig technischer Kletterei durchstiegen werden konnten. Obwohl sich diese Ethik durchsetzte und die Anzahl der Freikletterversuche immer mehr wurden, dauerte es bis 1979, bis die Westwand als letzte der Wände des El Cap eine frei begangene Route aufwies. Die Nose konnte erst 1993 durch Lynn Hill zum ersten Mal frei durchstiegen werden. Auch heute noch ist der El Capitan immer wieder Schauplatz herausragender Kletterleistungen: Immer noch werden neue und schwierigere Linien erschlossen oder alte, früher nur mit technischer Hilfe kletterbare Routen frei geklettert. Am 17. Juni 2004 konnten die Brüder Alexander und Thomas Huber (die Huberbuam aus Berchtesgaden) in der Route Zodiac ihren eigenen Rekord für den schnellsten Durchstieg einer Route am El Capitan auf 1 Stunde 51 Minuten Stunden drücken. Üblicherweise benötigen Seilschaften für eine solche Route drei bis vier Tage.

 

Wir tuckern langsam das Yoesmite Valley entlang weiter. Am Ende des Tales biegt der Weg zurück, erneut auf die Wand des „El Capitan“ zu. Von hier kann man sie in ihrer vollen Größe voll von der Sonne angestrahlt bewundern. Es ist 10 Uhr und die Touristen strömen nun mit ihren Fahrzeugen in den Park. Wir möchten noch zum „Glacier Point“ hoch, einem Aussichtpunkt. Dazu müssen wir eine Stichstraße fahren, die sich 25 Meilen durch die Berge schlängelt. Leider treffen wir auf viele Straßenbauarbeiten mit nur einspuriger Fahrbahn. Es ist nicht wie bei uns mit Ampeln geregelt, sondern die Bauarbeiter regeln den Verkehr im 15 Minuten Takt, d.h. 15 Minuten fahren alle Fahrzeuge von unten nach oben und dann 15 Minuten lang umgekehrt. Das führt natürlich zu langen Schlangen. Wie in Amerika üblich, muss ein Pilotfahrzeug voran fahren, damit keiner an den Straßenbauarbeitern vorbei rast. Alle stopseln in Reih und Glied diesem Pilotfahrzeug hinterher. Der Nationalpark wird von 4 Millionen Besuchern im Jahr besucht und jetzt ist natürlich Hauptreisezeit. Je höher wir fahren umso höher werden auch die Pinien und Kiefern hier, 40 Meter hohe, moosbewachsene Riesen sind keine Seltenheit.

Wir halten an einem ersten Aussichtspunkt und schießen ein paar schöne Fotos. Nach einer weiteren Meile sind wir am Glacier Point. Dort gibt’s gerade noch einen Parkplatz für ein Motorrad. Ein paar Schilder warnen die Leute vor den Bären, die sich hier ab und zu herumtreiben. Vorne am Glacier Point ist die Aussicht wirklich grandios. Nach ausgiebigem Geglotze in das Yosemite Valley und zu „Der Nase“ schlendern wir zum Motorrad. Die Jacken werden im Top Case verstaut. Wir müssen denselben Weg, den wir gekommen sind wieder herunter, natürlich erneut mit der verbundenen Warterei an der Baustelle. Dann noch das lange Tal hindurch – oh je – die Tankanzeige steht bereits unter Empty. Lange wird das nicht mehr gut gehen. Wir fahren und fahren, aber die Tankstelle taucht einfach nicht auf. Die Kiste schieben ist vollkommen unmöglich, sie wiegt 420 Kilo. Da würde nur helfen los zu stapfen und versuchen Benzin zu holen. Mit den letzten Tröpfchen schaffen wir es aber doch bis zur  einzigen Tankstelle in dieser Gegend. Jetzt liegen noch 60 Meilen bis Lee Vining vor uns. Es geht noch weiter im Nationalpark entlang, vorbei an vielen hellgrauen Granitbergen. An einem weiteren Aussichtspunkt sehen wir einen großen See in der Ferne liegen.

 

Wir denken hier müsste es doch nur so vor Bären wimmeln. Es geht über einige 3.000 Meter hohe Pässe an 4.000 Meter hohen, schneebedeckten Bergen vorbei. Kaum haben wir den letzten Pass überwunden, sehen wir den Mono Lake vor uns liegen, ein See ungefähr so groß wie der Chiemsee. Unser heutiges Ziel ist Lee Vining, ein kleines Drecksnetz mit 80 Einwohnern. Aber es gibt mehrere Kirchen hier: eine katholische, eine presbyterianische, wahrscheinlich mehr Kirchen als Häuser. Ein Holzhaus hier zu besitzen ist schon relativer Luxus, wir sehen viele uralte Wohnanhänger in denen gewohnt wird. Es ist gerade 16 Uhr und wir bekommen das letzte Zimmer im Lee Vining Motel. Wenn man in so kleinen Nestern übernachtet muss man sich frühzeitig nach einer Schlafgelegenheit umsehen. Die wenigen Geschäfte sind natürlich entlang der Straße aufgereiht. Das Preisniveau ist entsprechend hoch, da das nächste Nest 50 Meilen weg ist. Wir kaufen uns ein Naanbrot und etwas Salami für das nächste Frühstück. Lee Vining liegt recht hoch, so wundert es nicht, dass ein eiskalter Wind weht, als wir beim Abendessen draußen sitzen. Aber im Restaurant ist es genauso kalt, da die Amis die Klimaanlagen gerne bis auf 12 Grad herunterkühlen. Es ist schon fast dunkel als eine Gruppe von 10 Harley Fahrern am gegenüberliegenden Motel ankommt. Es sind allesamt kleine Japaner, sogar eine schmächtige Frau fährt selbst eine Harley. Anscheinend haben sie das komplette Motel gebucht.

Mittwoch, 12. August 2009        

Über dem Mono Lake leuchtet schön rot die Morgensonne als wir um 6 Uhr aufstehen. Vor unserem Motelzimmer steht eine kleine Holzbank, das ist heute unser Frühstücksplatz. Gleich danach starten wir Richtung Süden. Es ist noch ziemlich frisch heute Morgen, deshalb fahren wir mit Jacke. Nach ein paar Meilen ziehen wir sogar noch einen dicken Pullover drunter. Es geht über einen 2.400 Meter hohen Pass. Dahinter liegt eine kleine Ortschaft mit dem Namen „Toms Place“. Wir betreten die urige Kneipe hier und bestellen einen heißen XXL-Bohnenkaffee und ein großes Wasser mit viel Eis. Die Kneipe ist gut gefüllt, alle frühstücken und essen Pancake mit Sirup, Sahnecreme und Eis, dazu gerne auch Spiegelei und Bacon. Wir fragen im Shop nach einer Telefonkarte, aber so was gibt’s höchstens in Bishop, der nächsten größeren Ortschaft. Bis Bishop geht es durch einsame Landschaft und durch ein langgezogenes, nicht enden wollendes Tal nach unten. Steffi gefällt es so gut, dass sie vor Freude quietscht. Bishop liegt nicht mehr so hoch, deshalb beim ersten Halt runter mit den Pullovern. In einem Gift Shop fragt Steffi nach einer Telefonkarte. Die gibt’s vorne im Vons, einem großen Supermarkt. Bishop hat fast 9.000 Einwohner und ganz am Ende der Ortschaft befindet sich Vons. Wir gehen rein und fragen wo wir hier eine Telefonkarte bekommen. Die Verkäuferin ist sich unsicher ob man damit auch nach Germany telefonieren kann. Deshalb gehen wir nach draußen und versuchen ein Handynetz zu bekommen. Siehe da, jetzt bekommen wir ein AT&T Netz. Steffi ruft kurz bei Ihren Eltern an. Jetzt sind alle wieder beruhigt.

 

Wir schwingen uns wieder auf die Harley und kurven hoch zum Sabrina Lake. Eine 16 Meilen lange Straße die in die Berge hochführt bietet wildromantische Aussichten. Die breite Straße wird enger und bald sind wir am kleinen Stausee angekommen. Ein paar Angler sitzen hier herum, ein paar Ruderboote sind im Wasser. Als wir schon auf dem Weg zurück nach Bishop sind, läuft uns plötzlich ein Coyote über den Weg. Er verschwindet schnell im Gebüsch. In einer kleinen Ortschaft fotografieren wir die aneinander gereihten Mailboxes am Straßenrand, ungefähr 50 Stück, eine neben der anderen. Zurück in Bishop bewundern wir erneut die putzigen Holzhäuschen. Auf der Hauptstraße sehen wir XXL-Wohnmobile, manche 12 Meter lang, am Ende eine Abschleppstange und da hängt dann entweder noch ein Boot oder ein Jeep dran. Manche sind bestimmt das ganze Jahr so unterwegs. Wir verlassen Bishop südlich und fahren bis kurz vor Big Pine. Dort zweigt links eine Seitenstraße ab, die wir nehmen. Hier steht ein Schild „No Service for next 91 miles“. Nach ein paar Meilen würde es rechts in das Death Valley gehen aber da wollen wir heute noch nicht hin, sondern bleiben auf der Straße nach Oasis. Die Fahrstraße wird klein, sandig und kurvenreich. Werner fährt wie auf rohen Eiern damit hier nix passiert. Die Straße schlängelt sich über eine kleine Bergkette drüber, links und rechts nur öde, trockene Landschaft. Hier ist niemand unterwegs. Es ist sehr heiß, das Thermometer hat die 45 Grad Marke überschritten. Nach der Bergkette kommt eine lange Gerade und rechts davon taucht der erste Salzsee auf. Am Ende der langen Geraden geht es erneut einen Bergkamm hoch. Dahinter fahren wir viele Meilen bis Oasis. Die ersten Joshua Trees tauchen auf. So geht es ewig dahin. Wir haben schon langsam Durst und hoffen in Oasis etwas zu bekommen. Aber leider besteht Oasis nur aus einem großen Bauernhof mit einem riesen Zaun drum herum. Kurz hinter Oasis halten wir an einem Tierschutzgitter an der Grenze zu Nevada beim Schild „Welcome to Nevada“. Mitten in dieser Wüste sehen wir einen Typen laufen. Keine Ahnung wo der hin will.

 

Hier ist nur Wüste, sonst gar nix. Endlich erreichen wir den Abzweig Richtung Beatty. Auch hier gibt es nichts zu trinken. Nur eine verlassene Tankstelle steht hier. Unser Durst wird immer größer. Auch die letzten Wasservorräte sind fast ausgetrunken. Es sind noch 56 Meilen nach Beatty. Die Straße ist jetzt etwas größer, hier fahren sogar ab und zu ein paar Lastwägen. Das Speed Limit ist hier 70 Meilen – Donnerwetter, da kommt man voran. Es ist 14 Uhr und der heiße Wind bläst uns wie ein Föhn ins Gesicht. 15 Meilen vor Beatty müssen wir noch eine Pause einlegen. Wir fühlen uns ein bisschen wie Grillhendl. Werner gönnt sich den letzten Schluck Wasser, natürlich auch 45 Grad warm. Warum haben wir nicht einfach einen Teebeutel in die Flasche gehängt? Halb verdurstet kommen wir schließlich in Beatty an. Nach dem Tanken tuckern wir durch Beatty. Es gibt ein paar Motels und zwei Saloons. Es ist kurz vor 15 Uhr als wir uns im Motel einquartieren. Wir bekommen für 55$ ein geräumiges, sauberes Zimmer mit funktionierender Klimaanlage. Nebenan ist gleich eine Tankstelle mit einem Food Markt. Mit 2 Liter Cola und 2 Liter Wasser gehen wir aufs Zimmer und lassen die Klimaanlage rattern. Es zischt gewaltig. Schnell sind die 4 Liter weg aber wir haben immer noch Durst. Werner geht noch einmal zur Tanke um erneut Wasser zu kaufen. Auch diese 2 Liter verschwinden ziemlich schnell. Langsam schwillt der Wasserbauch an. Nach ausgiebiger Dusche sind wir soweit heruntergekühlt, dass uns dann doch um 19 Uhr 30 langsam der Hunger packt. Gleich gegenüber liegen diese beiden Saloons. Der erste schaut sehr schäbig und dreckig aus, das tun wir uns lieber nicht an. Der zweite ist proppenvoll. Nur noch ein Platz ist an der Theke frei, die Rockmusik ist so laut, dass man sich nicht mal unterhalten kann, also verschwinden wir auch hier wieder. Weiter vorne gibt es noch einen Sandwichladen, aber danach ist uns heute auch nicht. Steffi humpelt noch etwas mit ihrem gebrochenen Fuß und so entscheiden wir schließlich uns einfach etwas vom Tank-Foodmarket zu holen. Steffi lässt sich ein Käsebrot machen und Werner einen BBQ-Burger, der grausig schmeckt. Da es draußen immer noch viel zu heiß ist, futtern wir das Ganze auf unserem Zimmer. Nach dem tollen Abendessen latscht Werner ein letztes Mal zur Tanke (man kennt uns schon ;-) um sich für morgen mit ausreichend Wasser einzudecken. Es soll ja dann ins Death Valley gehen, einem der heißesten Orte der Welt. Um halb 10 schlafen wir ein, der Wecker steht auf 4 Uhr.

Donnerstag, 13. August 2009        

Um 2 Uhr 45 wacht Werner auf, weil eine Zikade direkt auf dem Baum vor unserer Zimmertüre laut ihre akustischen Reize klingen lässt. Es klingt als hätte sich im Nebenzimmer jemand den Wecker gestellt. Es muss eine atomar verseuchte Monster-Wüstenzikade sein, mindestens 80 cm groß. Werner steht auf und geht zur Türe. Klar, kaum hat er die Türe nur ein wenig geöffnet, schon ist das Vieh ruhig. Werner legt sich wieder hin und 2 Minuten später fängt der Krach erneut an. Da ist an schlafen nicht mehr zu denken. Steffi ist inzwischen natürlich auch wach. Wir versuchen noch mal einzuschlafen, aber kaum sind wir  auch nur ein wenig eingedöst, fängt das Biest wieder an.  Wir wälzen uns hin und her. Gott sei Dank klingelt um 4 Uhr der Handywecker. Werner ist froh, er konnte eh nicht mehr einschlafen. Wir wollen um 5 Uhr los. Vorher gibt’s noch die Apfeltaschen, die Werner gestern an der Tanke gekauft hat. Es wird alles eingepackt – ganz einfach da die Harley direkt vor der Türe steht. Pünktlich starten wir. Es ist stockfinster und hat  28 Grad. Wir fahren sogar noch mit Jacken los. Das kleine Nest Beatty ist schnell verlassen. Von Beatty geht es direkt ins Death Valley (Todes Tal). Die Sterne funkeln – einer ist besonders hell, könnte auch die ISS sein. Ganz weit entfernt erscheint am Horizont hinter uns ganz langsam ein heller Streifen. Wir fahren ungefähr eine halbe Stunde in vollkommener Dunkelheit. Nur einmal werden wir von einem Auto überholt, sonst ist hier noch niemand unterwegs. Ein Schild weist uns darauf hin, dass es die nächsten 13 Meilen steil nach unten geht. Dabei steigt auch dramatisch die Temperatur: Innerhalb von nur 2 Meilen steigt das Thermometer auf 35 Grad und das noch völlig ohne Sonne.

 

Steffi klingt noch der Harley Händler von San Francisco im Ohr: „Fahrt mir ja nicht ins Death Valley! Dort ist es jetzt mit über 50 Grad viel zu heiß“. Das andere ist, dass für das Death Valley explizit kein Versicherungsschutz für die Harley besteht. Es sind wohl einfach zu viele Maschinen hier kaputt gegangen. Das alles führt dazu, dass es Steffi mulmig wird. Sie hat Angst, dass sie bald keine Luft mehr kriegt und bittet Werner nicht ins Death Valley zu fahren. Werner erwidert, dass das schon gut gehen wird und sagt sie möge sich doch beruhigen. Aber Steffi flippt ein wenig aus. Von hinten klopft sie Werner auf die Schulter und meint: „Werner, ich flehe dich an – lass uns umkehren. Du bringst uns in Todesgefahr! Warum machst du das?“. Wir halten an und ziehen die Jacken aus. Werner sagt Steffi soll sich jetzt endlich zusammenreißen. Dann fahren wir weiter. Steffi denkt da unten ist die Bratpfanne des Teufels und Werner fährt sie mittenrein ins siedende Öl. Werner mahnt sie, sie solle nicht so ein Geschiss verbringen, sondern wir sollten die Zeit lieber nutzen da frühmorgens runter zu kommen. Steffi hat enormen Respekt vor einem der heißesten Punkte der Erde. Die Berge der Amargosa Range strahlen ihre nachmittags zuvor aufgenommene Hitze ab und so steigt die Temperatur auf 40 Grad. Wir kommen an eine Kreuzung und biegen rechts ab in Richtung Devils Cornfield. Nach einer Meile wird es plötzlich kühler. Die Abstrahlung der Amargosa-Range kommt nicht bis hierher. Das hat Steffi nun gar nicht erwartet. Wieso wird’s plötzlich kühler? Sie ist fest davon ausgegangen hier zu verschmoren. Aber leider hat’s jetzt nur noch 25 Grad. An den Mesquite Sand Düne halten wir an. Steffi ist sehr beruhigt, dass es nun kühler ist. Ihre Angst ist wie weggeblasen. Zwischenzeitlich ist es hell, jedoch ist die Sonne noch hinter der Bergkette.

Die „Star Dune“ ist 50 Meter hoch, dort bleiben wir stehen, laufen auf einem kleinen Weg in die Dünen rein und warten auf die Sonne. Wir sind beide begeistert von der Stimmung und der Größe des Death Valley. Der Death Valley Nationalpark liegt in der Mojave Wüste und ist der trockenste Nationalpark in den USA. Die Region ist ein Hitze Pol. Death Valley ist fast 165 km lang und bis zu 25 km breit. Im Juli und August sind Tagestemperaturen von 50 Grad Celsius nicht selten. Der tiefste Punkt des Tales liegt 85,5 Meter unter dem Meeresspiegel. Das Tal ist von mehreren Gebirgen umschlossen. 1933 wurde das Death Valley zum National Monument ernannt. 1994 wurde es, stark erweitert, zum Nationalpark aufgewertet. Das Tal erhielt seinen Namen, nachdem 1849 zwei Gruppen von Reisenden mit insgesamt vielleicht 100 Wagen eine Abkürzung des Old Spanish Trail suchten und dabei in das Tal gerieten. Nachdem sie wochenlang keinen Ausweg aus dem Tal gefunden hatten und bereits gezwungen waren, mehrere ihrer Ochsen zu verspeisen (wobei sie das Holz ihrer Wagen als Brennholz verwendeten), ließen sie ihre restlichen Wagen zurück und verließen das Tal über den Wingate Pass. Dabei drehte sich eine der Frauen aus der Gruppe um und rief dem Tal ein „Goodbye, Death Valley“ hinterher. Trotz einer weitverbreiteten Legende kam niemand aus der Gruppe bei der Taldurchquerung um. Die ersten Sonnenstrahlen kommen über die Amargosa Range und ringsum werden die Berge bereits von der Sonne rot angestrahlt. Innerhalb von nur 10 Minuten liegt das ganze „Todes Tal“ in vollem Sonnenschein. 30 Minuten genießen wir dieses Schauspiel, dann geht’s weiter nach Süden, am Schild „Sea-Level“ vorbei. Es ist nun 7 Uhr 30 und ab und zu kommt uns ein Auto entgegen. Auf der Straße Nr. 198 geht es einige Meilen entlang. Werner übersieht den Abzweig auf die Straße Nr. 178 nach rechts und fährt geradeaus weiter.

Ein Glücksfall, denn so gelangen wir an den Zabriskie Point, von dem wir vorher noch nie etwas gehört haben. Der Zabriskie Point ist ein Gebiet im Death Valley Nationalpark, das für seine bizarren Erosions-landschaften bekannt ist. Es wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Christian Zabriskie aus Wyoming benannt. Zabriskie war der Vize- präsident und Geschäfts- führer der Pacific Coast Borax Company, die mit dem Boraxabbau in dem Gebiet beauftragt war. Die Gesteins-formationen sind die Sedimente des ehemaligen Lake Zabriskie, der vor neun Millionen Jahren ausgetrocknet ist. Durch die hohen Temperaturen, den Wind und ein nahe gelegenes Flussbett, das bei Gewittern im Sommer zu einem reißenden Wasserlauf anschwillt, sind die Formationen starker Erosion ausgesetzt. Man muss ein paar Meter hoch laufen um die faszinierende Landschaft zu sehen. Auch hier bleiben wir 30 Minuten. Dann zurück zum Abzweig der Straße Nr. 178. Nun folgt der große Loop ungefähr 50 Meilen an der Salzpfanne des Death Valley entlang. Die Temperatur steigt unerbittlich an. Ganz unten in Badwater, dem tiefsten Punkt Amerikas halten wir erst gar nicht an. Es ist unerträglich heiß, die Anzeigenskala am Motorrad geht nur bis 120 Grad Fahrenheit (also 49 Grad), die Nadel steht auf Anschlag. Schätzungsweise hat es über 50 Grad. Der Loop biegt nach Osten ab, weg von der Salzpfanne. Es geht ein wenig die Berge hoch und sofort merken wir wie die Hitze nachlässt. Ein Hinweisschild macht darauf aufmerksam, dass der Nationalpark nun zu Ende ist. Steffi ist froh das Ganze unbeschadet überlebt zu haben und bedankt sich bei Werner, dass er sie gut aus dem Todes Tal gebracht hat. Nun werden ihre Gebeine doch nicht auf der Salzpfanne im Death Valley bis in alle Ewigkeit ausbleichen.

 

Die Straße führt hoch bis auf 1.200 Meter, die Temperatur „fällt“ auf 40 Grad. Die Berge bieten eine wilde, schroffe Kulisse. Die nächste Ortschaft ist Shoshone, eine Indianersiedlung. Wir versuchen zu Tanken. Es ist wirklich bemerkenswert mit wie vielen verschiedenen Abarten man es dem Kunden in ganz Amerika schwer machen kann an Treibstoff zu kommen: Entweder funktioniert die Kreditkarte nicht und man muss reingehen – dort wird man dann gefragt für wie viel man tanken möchte (ja was weiß ich? Voll halt! Bin ich Jesus, dass ich weiß wie viel Dollar das dann macht?), oder man muss an der Zapfsäule seine Postleitzahl eingeben (der mal 5 stellig, mal  6 stellig angenommen wird – überhaupt äußerst sinnig für Ausländer – falls die Postleitzahl nicht gültig ist wird die Benzinausgabe natürlich verweigert), oder es ist nur vierhändig möglich zu tanken, da man den um die Zapfpistole  reichenden Gummiwulst mit zwei Händen auf den Tankstutzen drücken muss und dann auch noch den Hebel der Zapfpistole halten muss, da die Automatik zum Abschalten nicht funktioniert, oder wie hier: Man muss den Zapfen auf dem die Zapfpistole in der Zapfsäule hängt  nach oben klappen, da sonst kein Benzin kommt. Aber auch bei den Indianern gelingt es uns etwas vom begehrten Saft zu erhalten. Nach dieser Action kühlen wir uns im Tankstellenshop mal wieder runter. Hier kommen tatsächlich jede Menge Indianer rein, natürlich genauso fett wie alle anderen.  Es geht weiter bis zur Ortschaft Pahrump, die weit verstreut in der flachen Wüste liegt. Man fragt sich wovon die Leute hier leben. Ab hier geht es auf einer großen, sehr befahrenen Straße weiter Richtung Las Vegas. Somit fahren wir nun gegen den starken Wind, der uns heiß entgegen bläst. Wir sind froh über das Windschild der Harley. Jetzt ist es 13 Uhr und nach der Fahrt im heißen Wind müssen wir noch mal an einer Tankstelle halten um uns abzukühlen. Es gibt sogar Gemüsesaft ohne Zucker, eine Seltenheit. Nach der Abkühlung gelangen wir auf die direkt gegenüber der Tankstelle abzweigende Straße zum Red Rock Canyon. Nach 10 Meilen ist das Eingangstor zum Canyon erreicht. Der Eintritt kostet 2 Bugs. Der Canyon liegt wunderschön in einem kleinen Tal und seine Attraktion sind die gelb-roten Felsen. Die kleine Straße schlängelt sich an den Felsen entlang. Steffi filmt während Werner fährt. Wir sehen an den Autos Kennzeichen aus vielen Teilen Amerikas. Die Amis fahren also auch hierher. Der Loop führt in ein malerisches Tal und nach 12 Meilen sind wir wieder an der Straße. Jetzt fehlen uns noch 19 Meilen nach Las Vegas. Über einen Hügel drüber und schon sehen wir die Skyline von Las Vegas.

 

Mehrspurig führt der Highway nach Las Vegas rein. Las Vegas liegt in einem breiten Tal und dadurch wird es jetzt noch heißer. Schnell steigt das Thermometer auf 120 Grad Fahrenheit an, wieder einmal das Ende der Anzeigeskala. So tuckern wir, Stopp and Go, bei 50 Grad von Ampel zu Ampel. Bei Rot muss Werner halten. Es klebt rutschige Schmiere auf der Straße, dadurch rutschen seine Beine bei jedem Ampelstopp langsam wie bei einem Spagat auseinander. Die Schmiere besteht wahrscheinlich aus Reifengummi, Bremsklotzabrieb und Zeug, das aus den Auspufftöpfen der großvolumigen Amischlitten raus läuft. Viel Spaß wenn’s hier mal regnen sollte. Werner fährt mal links, mal rechts und kommt über ein Industriegebiet in Richtung Stratosphere Tower. Wir fahren in die Richtung in der wir den Strip vermuten. Es geht vorbei an jeder Menge „Gentlemans Clubs“ mit den sogenannten „Hot Babes“. Hier kann Mann das in den Casinos gewonnene Geld genauso schnell auf amüsante Art und Weise gleich wieder loswerden. Schließlich tuckern wir auf dem Strip entlang – einer Mischung aus Disneyland und Oktoberfest. Die Straße heißt eigentlich „Las Vegas Boulevard“, aber jeder sagt nur Strip dazu. Hier stehen die neuesten Hotels der Stadt. Natürlich mit Wasserfall und Fontänen davor. Für uns, die wir direkt aus der Wüste kommen reichlich unwirklich. Wir staunen nicht schlecht über all diesen Kitsch. Eine künstliche Welt liegt vor uns: Links Venedigs Markusplatz inklusive Campanile und Rialtobrücke. Im See davor kann man mit Gondeln fahren und der Canale geht sogar mitten durchs Hotel durch. Rechts ein See mit einem Piratenschiff in Originalgröße. Daneben spritzen Wasserfontänen 80 Meter in die Höhe. Dahinter ein Hotel im Disneylandstil, eines in Pyramidenform, der Eiffelturm usw. usw. – Kitsch pur! Uns läuft der Schweiß in Strömen und da es geradeaus einen Stau gibt wechselt Werner auf die Linksabbiegerspur. Ein schmaler Schleichweg führt uns vom Strip weg, mal links, mal rechts. Plötzlich stehen wir vor dem Motel Super 8, toll, hier wollten wir ja eigentlich auch her. Das Motel liegt lediglich 10 Gehminuten vom Strip entfernt. Werner hat es per Zufall gefunden als ob er schon mal hier gewesen wäre. Ein Zimmer kostet 50$, am Wochenende 65$. Auf dem Zimmer beeilen wir uns die Motorradhose los zu werden. Die Klimaanlage kühlt uns auf eine erträgliche Temperatur herunter. Als es dunkel ist schauen wir uns noch ein wenig die Gegend an. Gegenüber dem Super 8 befindet sich Ellis Island, eine Restaurant mit Spielhalle – oder umgekehrt.

 

Wir betreten die Spielhalle, es surrt und klimpert an allen Ecken und Enden. In den Spielhallen von Las Vegas kann man immer ausgezeichnet und günstig essen, damit sollen die Spieler bei Laune gehalten werden, damit sie ja nicht auf die Idee kommen die Gambling Hall zu verlassen. So kann man hier 24 Stunden rund um die Uhr Spielen ohne die Sonne sehen zu müssen. Die Klimaanlagen der Spielhallen werden oft mit einem höheren Sauerstoffanteil angereichert, das macht euphorisch. An der Rezeption des Restaurants erhalten wir einen Zettel mit der Nummer 29. Wir sollen in 30 Minuten wiederkommen, da das Restaurant jetzt leider voll ist. Lustige Sache, denn wir sehen jede Menge leerer Tische. Klar, man will, dass wir noch ein wenig Spielen vor dem Essen. Wir setzen uns an den Tresen einer Bar. Auch hier sind in der Tischplatte kleine Spielautomaten angebracht. Wir nehmen ein kühles Weißbier für 1 $ 50, schön billig, und laufen ein wenig im Kreis bis wir am Roulettetisch landen. Werner versucht Steffi das Spiel auf die Schnelle zu erklären. Ein paar Spieler versuchen gerade ihr Glück. Einer hat Glück, sein Chipstapel wird immer größer. Auch die Black-Jack-Tische sind gut besetzt. Ab und zu hört man ein paar Menschen jubeln, dort hat das Glück wohl zugeschlagen. An den vielen einarmigen Banditen rauschen die Zahlenreihen nur so durch. Überall hocken fette Amis und erfreuen sich ihrer Spielsucht. In einer Ecke laufen Pferdewetten und sonstige Sportwetten, auch hier findet sich entsprechende Klientel. Nachdem unsere Zwangswartezeit abgelaufen ist schleichen wir erneut zur Rezeption des Restaurants. In Amerika ist es ja üblich sich nicht einfach einen Tisch selbst auszusuchen, sondern es heißt: „Please wait to be seated“. Der Tisch passt uns und wir beschließen hier ordentlich zu futtern. Steffi bestellt Pasta Marinara und Werner Steak mit Shrimps, dazu frischen Salat und ein ordentliches Gläschen kalifornischen Rotwein, mhhh. Schräg gegenüber von uns sitzt Mini-Elvis-Presley. Er gehört anscheinend hier zur Truppe. Das Essen schmeckt ausgezeichnet, wir speisen lang und ausgiebig. Steffi kriegt große Augen als sie die Rechnung sieht: für uns beide macht das gerade mal 30$. Sie dachte in Las Vegas ist alles megateuer, aber die Zimmer sind günstig und das Motel auch, sie glaubt es kaum. Nach dem Essen drehen wir noch eine Runde vor zum Strip, Steffi humpelt noch ein wenig, aber das wird ihr schon vergehen. Jetzt um 22 Uhr hat es stark abgekühlt, statt 50 Grad hat’s nur noch 45 Grad. Am Eiffelturm überqueren wir auf Rolltreppen und Laufbändern eine mehrspurige Kreuzung. Die Leuchtreklamen funkeln in allen Farben in jeder Geschwindigkeit.

Jede Menge Autos fahren auf dem Strip und es sind Menschenmassen auf dem Bürgersteig unterwegs. Man könnte meinen hier gibt’s was umsonst. Bette Midler, die Chippendales und David Copperfield flimmern von riesigen Bildschirmen. Musik dröhnt von allen Seiten aus den Spielcasinos. So aus der Wüste kommend ist das schon fast ein Schock, wir wissen gar nicht mehr wo wir zuerst hinschauen sollen und trauen unseren Augen nicht. Die Spielhallen sind enorm. Wir betreten eine Halle in der tausende Automaten stehen. Hier geht’s richtig zur Sache: Dutzende Black-Jack- und Roulette-Tische, eine Rockband spielt auf einer Bühne. Es wird fleißig gesetzt und gepokert. Ein persönlicher Masseur kümmert sich um seine Gäste: Er massiert den Rücken eines Spielers während dieser am Roulette seine Chips setzt. Die Croupiers an den Spieltischen sind meistens junge, gut aussehende Asiatinnen, knapp bekleidet, mit Ausschnitt und schwarzen Strümpfen um die männlichen Spieler möglichst lange bei Laune zu halten.

 

Die Gäste trinken aus Riesen-Trinkgläsern in der Form des Eiffelturmes und 60 cm langen Strohhalmen. Auch hier wird der Luft in den Spielhallen Oxygen beigemischt, damit die Spieler möglichst lange in euphorische Stimmung versetzt bleiben. Sobald wir das Kasino verlassen haben, trifft uns erneut die Hitzewand. Sofort läuft uns das Wasser wieder runter, das T-Shirt klebt am Körper. Insgesamt reicht es uns erst mal mit dem was wir heute Abend hier gesehen haben. Der Tag war lang, wir sind fertig und so humpeln wir zurück zum Motel. In unserem Zimmer ist’s auch gut warm. Wir schalten die Klimaanlage ein und fallen erst mal aufs Bett. Erschöpft fallen uns ganz schnell die Äugelein zu. Werner wacht erst nach über 2 Stunden auf und stellt die Klimaanlage aus. Steffi kriegt gar nichts mehr mit. Wir ziehen uns die Decke über unsere kalten Körper und pennen sofort wieder ein.

Freitag, 14. August 2009         
Heute steht uns ein ereignisreicher Tag in Las Vegas bevor. Um 6 Uhr heißt es deshalb: Raus aus der Falle! Von unserem Super 8 Motel stapfen wir in Richtung Harmon-Avenue zum Strip. Das Frühstück im Harley Davidson Café lassen wir ausfallen, da uns dort die Klimaanlage viel zu kalt eingestellt ist. Am Hawaiian Market Place ist schon richtig was los. Die Sonne scheint bereits über die riesigen Hotelkomplexe. Wir finden ein nettes Plätzchen an der frischen Luft in einem kleinen Straßencafé. Hier serviert man uns einen guten Cappuccino. Danach gehen wir zur Showcase-Mall um eine neue Tube 50er Sonnenmilch zu kaufen, da unsere bereits leer ist. Die Läden sind voll mit Kitsch in allen Farben und Größen. Inzwischen ist es 9 Uhr und bereits wieder so heiß, dass der Schweiß rinnt. Auf der gegenüber liegenden Straßenseite ist das „New York – New York“ Hotel. Das Hotel hat über 2.000 Zimmer auf 48 Etagen. Um das Hotel herum fährt eine enorme Achterbahn. Zu seiner Eröffnung war sie die höchste und schnellste Looping-Achterbahn der Welt. Wir sind auf dem Weg zum Mandalay Bay Hotel. Es sind schon jede Menge junger Leute unterwegs. Seit 1990 versucht man von offizieller Seite das Image der Stadt von „Sin City“ (Stadt der Sünde) mit Kasinos, Nacktbars und Prostitution nach „City of entertainment“ (Stadt der Unterhaltung) zu ändern, da man die Stadt auch für Familien mit Kindern attraktiv gestalten möchte. Während einerseits viele Shows familienfreundlich gestaltet wurden, finden sich noch massenhaft Werbeflugblätter mit Visitenkarten von Prostituierten in den Straßen. Dennoch: Las Vegas hat seit 1990 einen rasanten Einwohnerzuwachs zu verzeichnen, was darauf schließen lässt, dass die Stadt ihren Ruf erheblich verbessern konnte. Der Altersdurchschnitt ist mit 34 Jahren deutlich unter dem US Durschnitt. Die Stadt breitet sich auf 340 km² aus und hat insgesamt etwa 2 Millionen Einwohner.

 

Wir möchten zum Mandalay Bay Hotel und müssen dazu zuerst durch das Excalibur Hotel durch. Das Excalibur hat über 4.000 Zimmer, ein riesiges Spielkasino, sechs Restaurants, zwei Swimmingpools und eine über die ganze Hotelgrundfläche ausgedehnte Shopping Mall. Von außen schaut es aus wie Disneyland. Fast unmerklich latschen wir weiter ins Luxor Hotel, in Pyramidenform. Die Glaspyramide ist 107m hoch mit 31 Stockwerken. Vor dem Hotel steht eine Nachbildung der Sphinx von Gizeh. Das Luxor Hotel hat über 4.400 Zimmer mit 236 Jacuzzi Suiten. Diese sind in der Pyramide durch insgesamt 16 schräg verlaufende Aufzüge erreichbar. Über den Mandalay Place, eine weitere riesige Einkaufsmeile, werden wir schließlich zum Mandalay Bay Hotel geleitet. Das war ein langer Weg, uns tun die Füße jetzt schon weh. Wir wollen eigentlich zum Shark Reef Aquarium aber das ist erst ausgeschildert, als wir bereits davor stehen. Das Ganze ist bewusst so gemacht, denn so muss man durch dutzende von Spielhallen und Gänge mit Shoppingmöglichkeiten durch.

 

Inzwischen ist es 10 Uhr 30, das Aquarium hat vor 30 Minuten aufgemacht. Es sind erst wenig Besucher hier und so müssen wir kaum anstehen. Die Eintrittskarte kostet pro Person 17$. Las Vegas unüblich ist das Aquarium klein, aber fein. Es gibt ein Becken mit Medusa Quallen, eines für Rotfeuerfische, für Piranhas und viele andere. Das größte Becken hat 6 Millionen Liter Wasser mit Riffhaien, Schwertfischen, Tigerhaien und Meeresschildkröten drin. Man kann es durch eine Röhre betreten während oben die Haie drüber gleiten. Die Mitte des Beckens, in der wir stehen, ist einem gesunkenen Holzpiratenschiff nachempfunden. Neben, unter und über uns schwimmen die mehrere Meter langen Meeresbewohner vorbei. Gegen Mittag haben wir alles gesehen und verlassen das Aquarium. Jetzt möchten wir mit der Mandalay Bay – Excalibur Tram fahren. Die Abfahrtstation ist gut versteckt, natürlich müssen wir wieder durch eine Spielhalle durch und an der Wedding Hall vorbei. Die Tram ist eigentlich eine Magnetschwebebahn auf die wir fast 15 Minuten warten müssen. Am Excalibur Hotel steigen wir aus um erneut den Strip entlang zu schlendern. Am Hawaiin Marketplace stellt sich Steffi vor einen riesigen Freiluft-Aircondition-Ventilator. So lässt es sich aushalten. Vorbei am Planet Hollywood, mit ebenfalls tausenden Zimmern, kommen wir zum Eiffelturm, der Pariser Oper und dem Louvre. Dies ist der „Paris Las Vegas“ Komplex, davor ein nettes französisches Restaurant mit kühlem Aircondition Dampf, der die im Freien, in der Sonne sitzenden Gäste erfreut. Ein paar Meter weiter betreten wir einen Coca Cola Store. Hier gibt es alles Erdenkliche in Rot-Weiß. Gleich daneben der Shop des Hardrock Café, hier gibt’s alles mit entsprechender Aufschrift. Weiter geht’s zum Caesars Palace, ein im Stil eines römischen Palastes errichtetes Hotel. Es umfasst 3.400 Zimmer und hat Säulen, Statuen, Marmorböden und Wasserfontänen. Im Hotel befinden sich der 12.000 m² große Forum Shop, ein Einkaufszentrum mit exklusiven Geschäften, Designerklamotten und natürlich Spielkasinos, ebenso das Kolosseum Theater mit über 4.000 Sitzplätzen, das dem antiken Kolosseum in Rom nachempfunden ist. Viele Künstler haben im Laufe der Jahre hier gastiert, beispielsweise Frank Sinatra, David Copperfield, Cher und Elton John.

 

In den Forum Shops bewundern wir den künstlichen Himmel, der sich langsam aber stetig verändert. Er passt sich Tages- und Nachtzeiten an, manchmal tauchen Wolken auf und sogar Blitz und Donner werden simuliert. Um den nachgebauten Trevi Brunnen herum reiht sich ein Fresstempel und Café an das andere. In 5 Minuten startet das Bellagio Hotel (3.900 Zimmer) mit seiner Wasserfontänen Show. Also nehmen wir die Beine in die Hand und sputen uns. Die Anlage des Hotels ist der italienischen Landschaft am Comer See nachempfunden. Vor dem Hotel liegt der 3,2 Hektar große See. Schon beachtlich, wenn man sich die Wüste um Las Vegas herum vor Augen führt. Die Show beginnt. Aus 1.200 Düsen schießt das Wasser bis zu 75 Meter hoch, synchron zur Musik. Das Bellagio beheimatet auch den legendären Bobbys Room, in dem das „Big Game“ stattfindet. Hier spielt man um die höchsten verfügbaren Einsätze. Um Eintritt zu erhalten, muss man bereit sein um mindestens 20.000 $ pro Spiel zu spielen. Das ist uns ein wenig zu viel. Wir holen uns dafür einen Kaffee bei Mac Donalds und danach noch ein Vanilleeis.

So gestärkt schlagen wir uns nun durch das Venetian Hotel, das Venedig nachem- pfunden ist. Die Fassade des Venetian sieht von außen aus wie der Dogenpalast. Das Venetian verfügt über 40 Etagen, 18 Restaurants, zahl- reiche Boutiquen und Geschäfte, ein riesiges Kasino, das Madame Tussauds Wachsfigu- renkabinett und als Spezialeffekt die vene- zianischen Kanäle, die vor und im Hotel nachgebaut sind, einschließlich singender Gondolieri. Man betritt das Venetian Hotel über eine nachgebaute Rialtobrücke (natürlich mit Rolltreppe), vorbei am Markusplatz mit Campanile. Das Schwesterhotel „The Palazzo“ wurde 2007 übergangslos mit dem Venetian Hotel verbunden und bildet derzeit mit über 7.000 Zimmern den größten Hotelkomplex der Welt. Die aus Marmor und Granit verzierten Böden und Decken des Hotels haben bestimmt ein Vermögen gekostet. Klar, dass wir auch hier früher oder später durch ein Kasino laufen müssen um weiter zu kommen. Hier mahnt man uns das erste Mal die Kameras auszuschalten. Langsam tun uns unsere Füße weh, aber es gibt immer noch viel zu sehen.

 

Steffi hat das Humpeln inzwischen vollständig aufgegeben, klar, bleibt ihr ja nichts anderes übrig. Wir überqueren den Strip auf einer Fußgängerbrücke und schlendern zum Echelon Place mit Macy’s Kaufhaus. Hier gäbe es günstigste Klamotten und allerlei Sonstiges zu kaufen. Aber es reizt uns nicht besonders erneut durch dutzende Shops zu laufen. Es ist 18 Uhr und wir beschließen im Treasure Island Hotel Essen zu gehen. Das Treasure Island Hotel hat knapp 3.000 Zimmer in 36 Stockwerken. Im Kasinobereich finden wir ein vietnamesisches Restaurant. Wir werden sofort zum Tisch geleitet und bedient, ohne Zwangswartezeit. Alle sind super freundlich und zuvorkommend, das Essen kommt sehr schnell und schmeckt ausgezeichnet. Man versucht eben die Leute innerhalb des Kasinos bei Laune zu halten. Um 18 Uhr 45 verlassen wir den vietnamesischen Fresstempel, weil vor dem Treasure Island Hotel die gefährlich-romantische Karibikpiraten Show stattfinden soll. Eine Menschenmasse hat sich bereits hier eingefunden aber es gelingt uns trotzdem noch ein gutes Plätzchen auf einer Brücke zu ergattern. Die Show startet mit Getrommel und lauter Musik, bunt, mit knackigen, jungen Tänzerinnen. Da tauchen auch schon auf der anderen Seite die gestählten Körper der männlichen Piraten auf. Ein enormes Piratenschiff fährt über den See. Es wird getanzt und mit Kanonen geknallt, Feuer sprüht und Rockmusik liegt in der Luft. Das Schiff brennt, der Mast wird abgeschossen und die Fetzen fliegen. Die Piraten springen kopfüber ins Wasser und schließlich sinkt auch noch das Piratenschiff. Die Frauen sind ausgezeichnete Tänzerinnen und die Männer ausgezeichnete Stuntmen. Nach einigen akrobatischen Einlagen ist die Seeschlacht nach 30 Minuten vorbei. Die Menschenmasse macht sich auf in Richtung Mirage Hotel.

 

Das Mirage Hotel weist über 3.000 Zimmer in 30 Etagen auf, es hat 11 Restaurants, darunter das Restaurant Renoir, das mit Originalgemälden von Renoir dekoriert ist. Hier fanden die Shows von Siegried & Roy statt, deren weiße Tiger noch heute hier besichtigt werden können. Mit Einbruch der Dämmerung findet alle 60 Minuten vor dem Hotel ein künstlicher Vulkanausbruch statt. Der Vulkan spukt seine Lava spektakulär in die Luft. Rings um uns wird es gut warm, da auch hier wieder jede Menge Feuer mit im Spiel ist. Es war den ganzen Tag an die 50 Grad heiß. Jetzt am Abend sind es immer noch über 40 Grad und nun auch noch ein Vulkanausbruch. Hinter uns rollt schon das Xte Mal heute der Laster mit der Werbung für die „Hot Babes“ (also Prostituierte) an uns vorbei. Wir besteigen ein Taxi, denn wir möchten nun nach Downtown, zur Fremont Street. Dies ist das alte Las Vegas, das bis etwa 1989 die Hauptrolle in Las Vegas hatte. Seitdem hat der Strip dem alten Vergnügungszentrum der Stadt immer mehr den Rang abgelaufen. Die Kasinobetreiber an der Fremont Street haben darauf reagiert und die Fassaden renoviert, sowie neue Attraktionen wie die Freemont State Experience (FSE) installiert.

Die FSE überdacht die 5 westlichsten Blöcke der Fremont Street. Es handelt sich dabei um eine gewölbeförmige Kuppel, die 27 Meter hoch und etwa 450 Meter lang ist. An der Unterseite der Kuppel sind 2,1 Millionen LED’s angebracht. Das Display kann 12,5 Milli- onen Farben darstellen und wird von 16 Säulen, jede mit einem Gewicht von über 11 Tonnen, gestützt. Außerdem gibt es 220 Lautsprecher, die eine Gesamtleistung von 550.000 Watt erzeugen. Vor Beginn jeder FSE Show werden an den angrenzenden Casinos die Beleuchtungen abgeschaltet. Außerdem wird eine Querstraße, die die FSE kreuzt, gesperrt. Anders als an den meisten Orten der USA ist es hier sogar erlaubt auf offener Straße Alkohol zu trinken. Eine Rockband spielt auf einer Bühne unter dem FSE. Die Leute stehen und tanzen auf der Straße. Hier geht es flippiger zu als am Strip. Wir haben das Gefühl hier sind die Amis mehr unter sich und gehen nicht wie am Strip in den Touristenmassen unter. Nachdem die Band aufgehört hat zu spielen startet die FSE Show.

 

Wow! So etwas haben wir noch nicht gesehen. Das Motto ist „The Summer of 69“, d.h. es gibt Musik und Aufnahmen aus dieser Zeit. Einmal startet eine Apollo Rakete vom anderen Ende des FSE und zieht über uns hinweg ihren feurigen Schweif nach sich ziehend. Manche ziehen sogar etwas die Köpfe ein, so echt kommt das rüber. Wir fotografieren eine Gruppe Hippies, die aussehen als wären sie wirklich aus dem Jahre 1969. Natürlich gibt’s links und rechts auch hier viele Kasinos. Nach 1,5 Stunden sind wir am Ende. Die Füße tun weh und wir können nichts mehr aufnehmen. Es ist 22 Uhr. Wir sind bereits seit 14 Stunden in Las Vegas unterwegs, das reicht. Wir stapfen zum Taxistand und werden natürlich gleich freundlich von einem Taxi-Service-Manager angesprochen. Werner hat keine Lust für die Taxifahrt den vollen Fahrpreis (ca. 30$) zu bezahlen. Da er früher selbst als Taxifahrer unterwegs war, wendet er einen alten Trick an. Er geht um die Ecke rum bis dort wo die Taxi Warteschlange endet und geht zum letzten Taxi. Er fragt den letzten Fahrer, ob er die Fahrt für 20$ übernehmen möchte. Werner winkt mit dem 20$ Schein. Der Fahrer sieht das Geld, das er gleich haben kann, mit der Aussicht hier nicht 30 bis 60 Minuten in der Schlange zu stehen. Der Fahrer meint noch kurz: „Das kostet aber mehr“. Werner erwidert: „Mehr habe ich nicht, entweder machst du’s oder wir müssen halt den Bus nehmen“. Wie so oft klappt’s. Der Taxifahrer nimmt die schnelle Stadtautobahn, so kommen wir flott zu unserem Super 8 Motel zurück. An der Flamingo Road steigen wir aus. Dort an der Tanke holen wir uns noch ein paar Flaschen Wasser und ein paar kühle Dosen Budweiser als Schlaftrunk. Damit stoßen wir auf dem Zimmer noch auf diesen erlebnisreichen Tag in Las Vegas an.

Samstag, 15. August 2009        

Gegenüber vom Super 8 Motel kaufen wir im Seven Eleven Ellis Island Supermarkt ein paar Sandwich als Frühstück ein. Im Motel gibt es kostenlos Kaffee und so frühstücken wir auf unserem Zimmer. Danach verstauen wir unsere 7 Sachen in den Motorrad Koffern. Heute hat es aber jetzt mal wirklich merklich abgekühlt: Es hat keine 50 Grad mehr, sondern höchstens noch 48. Das Ellis Island Casino grüßt uns zum Abschied noch mit einer 50 cm hohen Bodenwelle. An der Tankstelle wird, wie so manches Mal, Werners Kreditkarte nicht angenommen. Werner betritt die Tankstelle und fragt, was los ist. Der Typ meint, man müsste zuerst angeben wie viel man Tanken möchte. Bitte nicht schon wieder so was Dämliches! Werner gibt den Ball zurück und sagt, es würde gerne voll tanken. Daraufhin schaut ihn der Typ komisch an, fummelt an seiner Kasse rum und siehe da, dann kann Werner doch tanken was in den Tank hinein passt.  Am Flughafen von Las Vegas geht es vorbei in Richtung Boulder City. Las Vegas breitet sich mittlerweile auf über 1.200 Quadratkilometer aus. Nach einer Stunde Fahrtzeit haben wir auch die Vororte verlassen und Las Vegas liegt hinter uns.

 

Die Strecke führt durch die Wüste bis wir 50 km südlich von Las Vegas den Hoover Damm erreichen. Er befindet sich auf der Grenze zwischen den US Bundesstaaten Nevada und Arizona. Die 221 m hohe Mauer staut den Colorado River zum Lake Mead auf. Der aufgestaute See weist eine Fläche von 69.000 Hektar, eine Länge von rund 170 km und eine maximale Tiefe von etwa 180 Metern auf. Mit seinem Speicherinhalt von rund 35 Milliarden Kubikmetern ist er der größte Stausee der USA. Die Stadt Las Vegas verdankt der Staumauer ihr heutiges Aussehen, denn nur durch das rund 50 km entfernte Bauprojekt, für das Tausende von Arbeiter benötigt wurden, wurde aus der 1905 gegründeten, kleinen Wüstensiedlung die heutige Spielermetropole. Im eigens für die Arbeiter und ihre Familien gebauten Boulder City waren Glücksspiel und Alkohol verboten, so dass es viele der Arbeiter in ihrer Freizeit in das nahe gelegene Las Vegas zog, das so innerhalb kurzer Zeit vor allem immer mehr Bars und Casinos zu bieten hatte. Dank Stausee erhält Las Vegas das benötigte Wasser und Strom aus dem Colorado River. Wir tuckern weiter nach Arizona durch ein langgezogenes Wüstental, langsam aber stetig bergauf. Stundenlang geht es so dahin. In der winzigen Ortschaft Grass Hopper halten wir an um etwas zu trinken. Steffi trinkt einen „Arizona  Green Tea“ mit Ginger & Honey.

 

Wir sitzen unter einem Baum im Schatten und die vorbei ratternden Harley Fahrer winken uns zu. An der nächsten Kreuzung Phoenix – Flagstaff entscheiden wir uns für Flagstaff und tanken schließlich in Kingman erneut voll. Die Interstate 40 ist gut befahren. Auch der Wind bereitet uns Schwierigkeiten vorwärts zu kommen. Bei entgegenkommenden LKWs muss Steffi öfters ihren Helm mit den Händen fest halten, damit er ihr nicht vom Kopf gerissen wird. Hier beginnt die legendäre Route 66, die wir bis Seligman befahren. Dort, in einem kleinen Shop, genehmigen wir uns einen nach Vanille schmeckenden Kaffee. Hier ist alles auf Route 66 getrimmt, das scheint hier wohl die einzige Einnahmequelle zu sein: Schlüsselanhänger, T-Shirts, Tassen, Becher, Schilder, Glockenspiele, sonstiger Nippes, alles mit „Route 66“ drauf. Draußen kriecht ein Güterzug mit 4 Diesellokomotiven und ca. 300 doppelstöckigen Container Waggons vorbei. Wir quatschen ein wenig mit ein paar Harley Fahrern aus New York. Sie machen ganz Amerika in 35 Tagen. Ihre sonnenverbrannte Haut schält sich bereits in mehreren Schichten, da sie in ärmellosen T-Shirts fahren. Na dann, viel Spaß! Für uns geht es erneut auf die Interstate 40. Wir wollen vorankommen und heute noch so nah wie möglich an den Grand Canyon herankommen. Meile um Meile frisst sich die Harley voran. 20 Meilen vor Grand Canyon Village beginnt plötzlich Kiefernwald. Das hätten wir nach all der Wüste heute nicht mehr erwartet. Es duftet herrlich nach Wald. Da die Straße nun nach Norden verläuft haben wir den Wind im Rücken. Wir legen eine CD ein.

 

Mit Musik von U2 cruisen wir auf der Straße Nr. 64 Richtung Grand Canyon. In Tusayan erkundigen wir uns in einem Shop nach einer günstigen Übernachtungsmöglichkeit. Uns wird die Seven Mile Lodge empfohlen. Für 85 Dollar quartieren wir uns dort ein. Nicht gerade billig, aber dafür direkt am Eingangstor zum Grand Canyon Nationalpark. Werner kauft ein T-Shirt. Wir versuchen Postkarten zu schreiben aber das gestaltet sich, wie immer, schwierig. In vier Shops fragen wir erfolglos nach Briefmarken für Europa. Ein einziges Restaurant bietet zusätzlich zu den ewigen Hamburgern auch Nudeln an. Wir bestellen „Western Spaghetti“ und „Western Ravioli“, dazu zwei relativ alkoholfreie Bier. Das Ganze für die horrende Summe von 43 Dollar, aber was nimmt man nicht alles in Kauf um am größten Canyon der Welt zu sein. Im Foodmarket nebenan nehmen wir uns noch etwas Obst zum Frühstücken mit, da wir morgen früh raus wollen um den Grand Canyon zu besichtigen. Man hat uns geraten morgen sehr früh zu starten, da Präsident Obama morgen Vormittag hier einfahren soll. Er will sich persönlich ein Bild machen, bevor der Nationalpark ein paar Milliönchen Fördergelder erhalten soll. Dann wird natürlich hier alles abgesperrt. Es hieß, er käme gegen 10 Uhr. Für uns also ein Grund früh die Bettdecke überzuziehen um morgen früh hier los zu tuckern.