Sonntag, 16. August 2009         

Erbarmungslos klingelt um 5 Uhr der Wecker. Wir packen kurz zusammen und verspeisen unser gestern gekauftes Obst. Draußen ist es saukalt. Da Tusayan auf 2.000 Meter Höhe liegt, hat es um diese Zeit nur ca. 8 Grad. Gestern kam noch ein lustiger Typ an, mit einem alten Chevy Baujahr 1931. Er packt auch soeben seine Sachen zusammen um Obama zuvor zu kommen. Mit einem Holzstab prüft er wie viel Benzin er noch im Tank hat. Wir starten zum Eingangstor des Grand Canyon Nationalparks. Direkt davor treiben sich sechs große Hirsche herum. Ihre Schulterhöhe ist ca. 1,80 Meter. Uns gelingen ein paar Filmaufnahmen. Schließlich springen sie über einen ca. 1,60 Meter hohen Zaun wie nix drüber. Am Eingangstor müssen wir anhalten. Der Eintritt kostet pro Person 25 Dollar, aber weil heute Obama kommt ist es umsonst, juhu! Na dann, nix wie los. Bis zum Grand Canyon sind es nun noch 7 Meilen. Wir sind dick angezogen: T-Shirt + Pullover + Jacken + Handschuhe. Der Wind bläst uns eiskalt ins Gesicht. Dann kommen wir an den ersten Viewpoint des Grand Canyon. Da es noch so früh am Morgen ist, sind noch sehr wenig Besucher hier am South Rim.

Der Grand Canyon ist eine etwa 450 Kilometer lange Schlucht, zwischen 6 und 30 km breit und bis zu 1.800 Meter tief, die während Jahrmillionen vom Colorado River ins Gestein des Colorado Plateaus gegraben wurde. Er zählt zu den großen Naturwundern der Erde und wird jedes Jahr von rund fünf Millionen Menschen besucht. Die meisten Besucher kommen zur South Rim, der Südkante des Grand Canyon. Wahrscheinlich begann der Fluss sich vor ungefähr sechs Millionen Jahren seinen Weg durch das Felsplateau zu suchen. Wind und Wetter trugen das Ihre dazu bei, den Felswänden ihre bizarren Formen zu verleihen. In der leicht erkennbaren Abfolge der unterschiedlichen, oft rötlich schimmernden Gesteinsschichten spiegeln sich die Perioden der Erdzeitalter. Ausgiebig fotografierend klappern wir alle auf unserem Weg liegenden Viewpoints ab. Jeder bietet andere, großartige Ausblicke hinein in diese grandiose Naturschönheit. Besonders gut gefällt uns der Grand Viewpoint. Insgesamt mehr als 3 Stunden verbringen wir bei dieser Tour.

 

Als wir den Nationalpark verlassen, zeigt die Tankuhr bereits „Empty“. Bis Cameron sind es noch 33 Meilen, oh je! Nach ein paar Meilen endet der Wald, es geht bergab, erneut in wüstenartige Landschaft. Noch 10 Meilen, noch 8, noch 5, uff! es hat doch noch gereicht. An einer großen Kreuzung befindet sich rechts die Tankstelle. Wieder so ein riesen Ding mit abscheulichem Kaffee und vitaminlosem, panaden- und ölgetränkten, vor Tagen frittiertem, Zeugs. Ein fetter Navajo Indianer, dessen Bauchnabel sich in Kniescheibenhöhe befindet, kauft jede Menge von diesem Futter ein. Wir genehmigen uns einen Gourmet Kaffee mit einem Mega-Truthahnsandwich. Frisch gestärkt bewegen wir die Harley durch urige Arizona Landschaft in Richtung Marble Canyon. Der Highway Nr. 89 windet sich durch riesige Vulkanschlacke Ablagerungen. An der Brücke über den Colorado River machen wir ein paar schöne Filmaufnahmen und wählen den Weg nach Page am Lake Powell. Die 89a windet sich einige Kehren nach oben mit weitem Blick über das ganze Tal und die roten Felsen der Vermillon Cliffs. Nach 30 Meilen ist Page erreicht. Page wurde 1957 gegründet und ist damit eine der jüngsten Städte der Vereinigten Staaten. Bevor die Stadt entstand, war die Gegend von Navajo Indianern besiedelt.

 

Die Sehenswürdigkeiten der Stadt beschränken sich auf die beeindruckende Naturlandschaft, z.B. den Antelope Canyon, den wir morgen besichtigen wollen. Wir klappern ein paar Motels ab und finden im Rodeway Inn Motel sogar einen Pool. Den brauchen wir dringend, da es 13 Uhr 30 und knallig heiß ist. In der Tourist Information werden Touren in den Antelope Canyon angeboten, genau deshalb sind wir hier! Es gibt die normalen Touren und eine 2,5 stündige Foto Tour, die nur einmal am Tag stattfindet. Die buchen wir und freuen uns sehr, dass das so geklappt hat. Um 10 Uhr soll’s morgen losgehen. Das Motorrad wird gut verschlossen, unsere 7 Sachen im Zimmer verstaut und dann schnell rein in den Pool. Neben dem Pool steht ein Häuschen mit Waschmaschine. So können wir praktisch nebenbei noch schnell eine Maschine Wäsche waschen. Am späteren Nachmittag ziehen fette Rauchschwaden aus der Küche eines nahe liegenden Restaurants über uns hinweg. Gegenüber baut um 18 Uhr ein fetter Typ seinen BBQ-Grill auf der Veranda auf, so dass wir nun  von zwei Seiten eingeräuchert werden. Nachdem nun auch langsam der Pool im Schatten liegt, reicht‘s uns schön langsam. Noch dazu meldet sich bei all den Gerüchen langsam der kleine Hunger. Wir stapfen runter zum KFC (Kentucky Fried Chicken), doch das erweist sich als Flop. Irgendwie schauen die Hähnchenteile aus, als ob sie bereits eine Woche hier rumliegen. Weiter oben gibt es einen Mexikaner, aber leider findet sich auch dort nur sündteures Fastfood. Amerika ist eben kulinarisch (meist) nicht das Paradies. Nun bleibt nur noch Pizza Hut. Leider sind auch dort die Preise exorbitant. Die kleinste Pizza, kuchentellergroß, kostet 19 Dollar, plus 15% Steuer, plus 15% Bedienungsgeld, somit 25 Dollar pro Person. Das sind dann also ohne Getränk umgerechnet 20 Euro. Wobei man davon nicht satt wird. Wir beschließen also zum riesigen Saveway Supermarkt zu marschieren, der ist auch nur 200 Meter weg. Dort kaufen wir Salami, Tomaten, Käse, Brot, Budweiser Bier und zwei Heidelbeer Bagel. Auf dem Zimmer futtern wir bis es uns schier zerreißt.

Montag, 17. August 2009        

Ausnahmsweise dürfen wir heute bis 8 Uhr schlafen. Draußen brennt die Sonne bereits Erbarmungslos. An der Motel Rezeption gibt es ein kleines Frühstück mit Orangensaft, Donuts und Kaffee so dünn wie Teewasser. Wir packen unser Zeug zusammen und treffen um 10 Uhr am Büro von Antelope Adventure Tours ein. Unsere Harley stellen wir nebenan auf einen Parkplatz und unseren schwarzen Seesack und die beiden Helme deponieren wir für die Zeit der Tour im Büro. Ein junger, indianisch aussehender Typ, Milo, nimmt die Sachen entgegen. Schon startet vor dem Gebäude eine kleine Indianer Show. Ein Indianer tanzt mit 21 großen Ringen. Er trägt original Navajo Indianer Klamotten, der arme Kerl, bei der Hitze. Mit den Füßen nimmt er immer einen Ring mehr vom Boden auf und bewegt sich dazu rhythmisch nach der Musik. Die Ringe formiert er zu Figuren – Schmetterling, Vogel, Pferd u.a. Danach steigen wir in eine Allradkiste, die Milo fährt. Wir sind insgesamt zu acht: 3 Amis, 2 Italiener und wir. Wir fahren 3 Meilen zum Antelope Canyon. Am Eingang zum Canyon befindet sich ein Parkplatz, hier ist für die meisten Schluss. Von hier aus kann man zu Fuß den nicht so interessanten Lower Canyon besuchen. Der Canyon besteht aus dem Upper- und dem Lower Canyon. Zum Upper Canyon führt eine weglose Sandstrecke, die man nur mit einem Fahrzeug erreichen kann.

 

Jetzt wissen wir, warum Milo’s Fahrzeug diese dicken Ballonreifen hat. Der Upper Antelope Canyon ist bis zu 44 m tief und hat eine Länge von ca. 400 m. Die Aufenthaltsdauer ist begrenzt auf 45 Minuten, nur die Foto Tour darf länger dauern. Die meiste Zeit über ist der Canyon trocken und zugänglich. Wenn Regenfälle angekündigt sind, besteht für die Canyons auf Grund der Gefahr von Sturzfluten ein Betretungsverbot. 1997 kamen bei einer solchen Sturzflut, die außerhalb des Canyons völlig unspektakulär verläuft, im Antelope Canyon 11 Touristen ums Leben. Der Upper Antelope Canyon gilt als Geheimtipp für Amateur- und Profifotografen, weil sich hier durch die Erosion des roten Sandsteins (Moenkopi Formation) unglaubliche Formen gebildet haben und sich durch die von oben scheinende Sonne zur Mittagszeit fantastische Farben ergeben. Wir kommen genau zur idealen Tageszeit an. Ein paar andere Allradfahrzeuge parken hier bereits.

 

Wir betreten den Canyon und stellen sofort fest, dass Milo anscheinend hier der Boss ist. Er führt uns schnell an anderen Touris vorbei und wir nehmen an einer Stelle im Canyon einen guten Platz ein um zu fotografieren. Milo kennt jede Kamera. Er schnappt sich kurz unsere Kameras, auch die Profikameras der Italiener, macht ein paar Handgriffe und die Kameras sind optimal auf den Canyon eingestellt, Donnerwetter! Er ist ein cleverer Bursche. Außerdem weiß er genau, wann die Sonne so in den Canyon scheint, dass die sogenannten Slots eine faszinierende Wirkung ergeben. Manche Slots bleiben nur ein paar Minuten. Kurz vorher positioniert er uns an die besten Stellen. Uns leuchtet manchmal gar nicht ein, warum wir flach auf dem sandigen Boden liegend die Kamera nach oben halten sollten. Aber siehe da, nach kurzer Wartezeit kommt ein Sonnenstrahl – WOW – und dann noch die verrückte Farbe des Sandsteins. Es wird fotografiert auf Teufel komm raus. Milo hat eine Schaufel mitgebracht und schmeißt ab und zu Sand ins Licht, das gibt natürlich ganz besondere Effekte.

Gleichzeitig hält er uns die anderen Touris vom Leib, damit uns keiner ins Bild rennt. Fast zwei Stunden geht das so. Werner macht mehr als 300 Fotos im Canyon. Dann müssen auch wir den Canyon verlassen. Wir und unsere Kameras sind vollkommen eingestaubt und die Schuhe voller Sand. Im wilden Ritt geht’s  zurück an das Eingangstor. Zurück im Büro zeigt uns Milo noch ein paar Aufnahmen. Er macht selbst professionelle Aufnahmen, die er z.B. an den GEO Verlag verkauft. Am Parkplatz futtern wir noch kurz unser letztes Sandwich. Nach dem Tanken düsen wir los in Richtung Monument Valley.

 

Die Sonne verfärbt die Felsen bereits in lila Licht als wir so durch die Wüste Arizonas cruisen. Oft halten wir an um die Landschaft auf den Foto Chip zu bannen. Nach 100 Meilen kommen wir an eine Tankstelle, die von Navajo Indianern betrieben wird. Schnell eine kühle Cola und schon geht’s weiter. In Kayenta überlegt Werner, ob wir hier übernachten sollen, da es bereits 17 Uhr 15 ist. Aber andererseits ist die Verlockung einfach zu groß, das Monument Valley mit diesem tollen Licht zu durchqueren. Wir überschreiten die Grenze zu Utah und nach ein paar Meilen sind wir auch schon mittendrin im Monument Valley. Erneut muss die Kamera zeigen was sie kann. Als das Sonnenlicht (endlich) keine guten Fotos mehr zulässt, tuckern wir weiter bis zur Ortschaft Mexican Hat, gelegen in einer kleinen Schlucht, dessen Fluss auch den Colorado River speist. Hier quartieren wir uns in ein kleines, günstiges Motel ein. Wir haben Hunger, duschen schnell und marschieren 100 Meter in das urige Steakhouse „Swinging Grill“. Ein 2 x 1 Meter großer Grill pendelt über der Grillkohle hin und her.

 

Riesen Steaks und riesen Toastbrotscheiben liegen auf dem Grill. Leider ist kein Tisch mehr frei und so müssen wir uns zuerst an die Bar setzen und 20 Minuten, zum Glück bei einem Bierchen, warten. Wir sind das Paar Nummer 4. Der Kellner holt uns und setzt uns zusammen mit dem Paar Nummer 3 an einen Tisch. Das Paar Nummer 3 ist aus Paris. Sie sind 3 Wochen mit dem Auto unterwegs und nun fast am Ende ihrer Reise angelangt. Sie waren auch in Las Vegas. Wir tauschen unsere Erfahrungen über Las Vegas aus, dabei gibt es jede Menge zu kichern. Die Steaks sind riesig, aber leider etwas fad – eben Ami Essen. Heute ist ausnahmsweise mal keine Steuer auf der Rechnung. Wir sind im Navajo Gebiet und essen deshalb steuerfrei. In Utah ist Bier mit mehr als 3% Alkohol per Gesetz verboten, deshalb schmeckt unser Polygamie Porter Bier entsprechend. Mexican Hat besitzt keine Straßenbeleuchtung. Als wir das Grill Restaurant verlassen, leuchten uns Millionen Sterne der Milchstraße den Weg zurück zum Motel. Heute war, dank der Sehenswürdigkeiten, ein toller Tag. Der Foto Chip musste heute bestimmt 600 neue Fotos verkraften.

Dienstag, 18. August 2009         

Um 5 Uhr 30 brechen wir auf um die Morgensonne im Monument Valley zu be- staunen. Es gibt einen markanten Punkt auf der Bundesstraße 163, von dem man

die von der Morgensonne angestrahlten Felsen bewundern kann. Ein paar andere Touris hat es auch bereits so früh aus den Betten getrieben, auch bei Ihnen klicken die Kameras. Nach 30 Minuten fahren wir zurück zum Motel um unsere Sachen zusammen zu packen. Gleich nebenan in der Tankstelle frühstücken wir Smoked-Turkey-Cheese-Sandwich und Kaffee. Ein paar Meilen nach der Ortschaft liegt der Felsen „Mexican Hat“, leider im Gegenlicht. Ein riesiger Felsen mit einer quer liegenden Felsplatte oben drauf, die aussieht wie ein großer Mexikanerhut. Im sich anschließenden Tal finden sich aber noch einige dieser rot schimmernden Formationen. Die reizvolle Strecke setzt sich bis Bluff fort.

 

Bald überschreiten wir die Grenze nach Colorado. Am Mesa Verde Nationalpark vorbei wird es wieder etwas grüner. In Cortez halten wir am Silver Beans Café an, ein uriger silberner Wohnwagen aus den 50er Jahren. Rosa Flamingos, ein altes Fahrrad, lustige Sonnenschirme, alte Sessel und viel Petticoat zieren das Café. Zwei Mädels machen hier einen wirklich mal guten Espresso, der uns fast die Schuhe auszieht. Wir hocken unter einem Sonnenschirm als plötzlich ein Sattelschlepper mit einem ganzen Haus an uns vorbei fährt. So zieht man in Amerika um, ohne mühsam alles in Kisten zu verpacken. Man befördert einfach sein ganzes Haus von A nach B. Leider hat der Espresso die Kauflaune bei Steffi angeregt. Gegenüber ist ein riesiger Shop mit Navajo Indianer Kunstwerk. Es gibt Schmuck, Schnitzereien, Federn, Klamotten, Decken und Kitsch. Steffi sucht sich eine Kette mit türkisfarbenen Steinen aus. Hinter Cortez ändert sich die Landschaft enorm. Durch Pinienwaldgebiet geht es höher hinauf. Bäche (Creeks), wilde Sonnenblumen und Wiesen, überall blüht es. In Durango ist ordentlich was los, die Autos stauen sich sogar etwas. Die Nationalstraße 160 bringt uns weiter Richtung Osten bis Pagosa Springs. Ein aufgeräumtes Nest mit Gärtchen vor den Häusern, einem künstlichen See und sogar einem Golfplatz mit Wald drum herum. Unser Weg führt weiter hoch in die San Juan Mountains. Am Wolf Creek Pass (3.300 Meter hoch) wird es etwas kühler. Wir ziehen sogar unsere Jacken an. In den dichten Wäldern hier gibt es bestimmt Wölfe, Bären und Luchse.

 

Nach den Wüstenstaaten Nevada, Arizona und Utah staunen wir wie grün Colorado ist. Die Gegend hier ist vergleichbar mit dem Schwarzwald in Deutschland, nur viel unbewohnter. Unser heutiges Ziel ist South Fork, 2.700 Meter hoch, zugleich der östlichste Punkt unserer Reise. South Fork ist ein kleines Örtchen mit ein paar Motels, einer Tankstelle und vielen Wohnmobil Campingplätzen. Hier könnte man bestimmt gut Wandern und im Winter gut Skifahren oder Langlaufen. Wir essen im kleinen Rockway Steakhouse. Als wir reingehen bläst es uns fast um. Die Klimaanlage ist mal wieder auf 12 Grad eingestellt, die spinnen die Amis. Die Bedienung stellt uns zwei Gläser Wasser auf den Tisch, natürlich bis oben voll mit Eiswürfeln. Steffi bestellt sich einen American-Mega-Burger und Werner ein Steak, beides ausnahmsweise mal sehr lecker. Dazu ein MGD, ein Miller Genuine Draft Beer, auch ganz süffig. Das Bierglas ist eisig, da man es gerade aus dem  Gefrierschrank herausgeholt hat. Müde, satt und gut gekühlt stapfen wir zurück in unser Motelzimmer.

Mittwoch, 19. August 2009        

Morgens ist es noch saukalt im 2.700 Meter hohen South Fork und so bleiben wir einfach lieber noch ein Weilchen liegen. Außerdem müssen wir gleich über den höchsten Pass unserer Reise, 3.500 Meter hoch. Zum Glück scheint die Sonne, so dass wir wenigstens die Hoffnung haben, dass es bald wärmer wird. Schräg gegenüber ist eine Tankstelle, in der wir uns mit einer frischen Apfeltasche und einem heißen Kaffee eindecken. Gleich daneben befindet sich ein Grocery Store mit vielen ausgestopften Tieren der Umgebung, unter anderem ein kleiner Braunbär, ein Rentier, ein Elch, ein Puma usw. Um 10 Uhr hat es die Sonne geschafft alles ein wenig aufzuwärmen und es geht los auf der Straße 149 nach Creede. Nach einigen Meilen werden wir angehalten. Vor ca. 1 ½ Stunden gab es hier einen Steinschlag. Dabei wurden zwei Menschen in ihrem Auto erschlagen. Die Polizei hat einen kleinen ferngelenkten Hubschrauber, mit Kamera dran, mit dem sie die steile Felswand absucht um zu kontrollieren, ob da noch was herunter kommen könnte. Wer weiß, wofür es gut war heute solange zu schlafen… Irgendwann winkt man uns weiter.

 

Wir überqueren den Rio Grande. Creede ist ein richtig uriges, schnuckliges Cowboydorf am Rande einer alten Silbermine. Alles ist herrlich grün, Kiefern und Pinien strömen ihren Duft aus. Bald ist die Continental Divide erreicht, d.h. ab hier fließt das Wasser auf der einen Seite in den Atlantik und auf der anderen in den Pazifik. Kurz danach überqueren wir den Spring Creek Pass. Von dort fahren wir durch menschenleeres Gebiet nach Lake City und weiter zum Blue Mesa Reservat. Dort treffen wir auf die Nationalstraße 50. Ein malerischer Stausee begleitet uns auf der 50er einige Zeit. Lange Zeit sehen wir kein Haus. Endlich kommen wir in Sapinero an, aber leider gibt es hier keine Tankstelle – langsam wird’s Zeit. Bis Montrose sind es noch 37 Meilen, hoffentlich reicht das noch. Die Benzinnadel ist bereits auf null. Wir fahren weiter in der Hoffnung, dass es noch ausreicht. Steffi fängt hinten drauf bereits zu beten an. Das nächste Nest ist Cimaron und besteht eigentlich nur aus  einer Tankstelle und einem Café mit Store. Wir gehen rein und staunen. Das Café ist voll mit alten lebensgroßen Pappfiguren: mehrere alte Cowboys und dazu jede Menge Zeugs zu kaufen. Wir ordern zwei Stück Blueberry Pie aus Mürbeteig, natürlich selbstgemacht, dazu ein Tässchen Kaffee. Wir nehmen es mit nach draußen und setzen uns auf einer alten Holzbank in die Sonne.

 

Überall hängen Zuckerwassertränken für Kolibris, die nicht lange auf sich warten lassen. Aufgeregt flatternd trinken sie, gar nicht scheu. So schmeckt es allen: denen ihr Zuckerwasser und uns der Blaubeerkuchen. Einige Meilen später zweigt rechts die Straße zum Black Canyon ab. Die Zufahrtsstraße zum Canyon erinnert uns ein wenig an die Cote d’Azur in Frankreich. Es gibt zwei Möglichkeiten den Canyon zu besichtigen. Die erste Möglichkeit ist, wie am Grand Canyon, ein sogenannter Rim. D.h. man fährt am Canyon Rand entlang und hat alle paar Meilen einen Aussichtspunkt. Die zweite, ungewöhnliche, Möglichkeit bietet eine Straße mit 16% Gefälle, die in Serpentinen an den Grund des Canyons führt. Diese wählen wir zuerst. Unten angekommen fahren wir am Fluss entlang bis wir an eine Staumauer kommen. Hier endet die Straße. Im 90 Grad Winkel ragen die Felswände nach oben. Auf der Rückfahrt nach oben filmt Steffi. Einige Harleys kommen uns entgegen. Oben angekommen wollen wir natürlich jetzt die Aussicht genießen.

Der „Devils Over Lock“ bietet eine Plattform, die sechshundert Meter über dem Abgrund schwebt. Steffi zittern ein wenig die Knie. Am „Sunset View“ geht gerade die Sonne unter und langsam wird es Zeit sich nach einem Nachtlager umzusehen. Nach 2 ½ Stunden Canyonbesichtigung geht’s zurück auf die Nationalstraße Nr. 50. Nach ein paar Meilen ist Montrose erreicht. Im Rodeway Inn Motel bietet uns ein Franzose an der Rezeption ein Zimmer für 80 Dollar an. Als er merkt, dass uns das zu teuer ist, hat er auch noch ein anderes für 60 Dollar im Angebot. Bei der Zimmerbesichtigung erzählt er uns, warum er aus Frankreich weggegangen ist. Werner glaubt die Hälfte und vermutet, dass auch noch ein paar uneheliche Kinder in Frankreich ausschlaggebend waren. Er empfiehlt uns ein Steakhouse, ein paar hundert Meter die Hauptstraße runter. Man kann es leicht erkennen, da auf dem Dach eine Plastikkuh thront. Vor dem Lokal animiert eine Leuchtreklame: „BBQ all you can eat, every Wednesday night“. Na das passt ja, heute ist Mittwoch und wir haben den entsprechenden Hunger für ein “all you can eat” Barbecue mitgebracht. Eine Kellnerin geleitet uns zu einem freien Tisch. Wir fragen sie, wie das hier funktioniert. Sie bietet uns Salat oder Suppe vor dem BBQ an. Danach könnten wir so viel Fleisch, Süßkartoffeln und Gemüse essen bis es uns zerreißt, das Ganze für 14$95 pro Nase. Nach der Suppe kommt der „kleine“ BBQ-Teller.

 

Gut, dass die Tischplatte 5 cm dick ist, sonst würde sie sich durchbiegen. Steffi traut ihren Augen nicht. So eine große Platte hat sie noch nie gesehen. Es ist so die Menge, die ein kanadischer Holzfäller verdrücken würde, wenn er nach einer Woche mit seiner Axt aus dem Wald raus kommt: Ein riesen Sparerib, das alleine schon reichen würde, ca. 300 g Hähnchenfleich, 2 Scheiben Schweinebraten, ein paar Rindsbratwürste, eine Schale mit Bohnen mit geräuchertem Speck verfeinert, eine Schale mit Süßkartoffelbrei und 2 dicke Scheiben Polenta. Das ganze natürlich pro Person. Die Kellnerin legt uns noch ein 20 cm langes Steakmesser hin. Das Fleisch ist sehr zart und lecker. Nach 20 Minuten Mampf schauen wir uns an uns fangen an zu stöhnen ob der Massen. Das dunkle Avalanche Bier aus Colorado hilft nur geringfügig die Sache besser runterzuspülen. Die Kellnerin fragt uns zweimal kichernd, ob wir noch einen Nachschlag haben wollen. Werner isst bis die Schwarte kracht. Steffi tut ihr Möglichstes, aber leider verliert sie den Kampf gegen die BBQ Platte. Vollgestopft kugeln wir zurück ins Motel. Dabei stapfen wir an einem offenen Liquor Store vorbei. An der Türe hängt ein Schild: „No shoes, no shirt – no service“. Wir müssen kichern. Der Liquor Store ist gut sortiert. Von der Miniaturausgabe bis zum XXL Jägermeister, vom Champagner bis zu den ganz harten Sachen. Für uns darf’s ein kleiner Cognac sein, den wir uns im Motelzimmer als Schlummertrunk für unsere geschundenen Mägen rein pfeifen.

Donnerstag, 20. August 2009        

Wir pennen ziemlich lange. Im Rodeway Inn ist ein Frühstück inklusive. Wieder einmal süße Donuts und süße Kringel. Wen wundert‘s, dass die Amis so fett sind? Der Frühstücksraum besteht nur aus 3 kleinen Tischen. Wir kommen mit einem älteren Ehepaar aus Denver ins Gespräch, beide bestimmt so um die 80, aber sehr nett. Nach 45 Minuten Gequatsche packen wir unsere Harley auf. Erst um 10 Uhr kommen wir heute los. Werner verfährt sich ein wenig, da er anstatt auf die Nr. 50 die Straße Nr. 90 fährt. Wir kommen an einzelnstehenden Häusern vorbei, deren Gärten mit Wasser besprengt werden. Die 90 wird aber bald zu einem besseren Feldweg. Wir kehren um und suchen die 50. An einer Kreuzung fährt ein Mega Wohnmobil an uns vorbei, das hinter sich noch einen 6 Meter langen Wohnwagen als Küche herzieht. Die nächsten 50 Meilen dürfen wir mit 65 Meilen pro Stunde auf der Nationalstraße 50 fahren, hier ein zweispuriger Highway. Die nächst größere Stadt ist Grand Junction. Hier gibt es sogar einen Flughafen. Ein paar Meilen hinter Grand Junction liegt das Colorado National Monument. Es umfasst auf 83 km² eine Halbwüste im Bereich des Uncompahgre Uplift, das seinerseits die Nordost Ecke des Colorado Plateaus bildet. Die vielfarbigen Sandstein Formationen des Colorado National Monuments erheben sich mehr als 610 Meter über dem Tal des Colorado River. Erosion durch Wind und Wasser, Hitze und Frost hat tiefe Abbrüche, steile Felswände und unverwechselbare Steinformationen geformt. Die Gesteinsschichten sind zwischen 1,5 Milliarden und etwa 80 Millionen Jahren alt. Ihr Farbspektrum, das von orange über rot und purpur bis braun reicht, verdankt es den Einlagerungen von Eisen und anderen Mineralien. Für den Siedler John Otto, der diese faszinierende Landschaft im Jahre 1907 zum ersten Mal sah, war sie „das Herz der Welt“. Er zog allein in den abgelegenen Canyon und überschüttete einflussreiche lokale Politiker und die zuständigen Stellen in Washington mit Briefen und Anträgen, um das Gebiet zu einem Nationalpark erklären zu lassen. Gleichzeitig legte er Wanderwege an, die auf das Plateau und in die Canyons führten, damit auch andere Menschen sich an der Landschaft erfreuen konnten. Er drängte die Bewohner Grand Junctions, ihn bei seinem Vorhaben durch weitere Briefe und Petitionen für den Schutz dieses Landes zu unterstützen. 1911 hatte er Erfolg: Am 24. Mai 1911 erklärte Präsident William H. Taft das Land zum Colorado National Monument. Otto wurde der erste Ranger des Schutzgebiets. Für ein symbolisches Gehalt von 1 Dollar im Monat übte er diese Tätigkeit bis 1927 aus.

 

Wir durchfahren das Colorado National Monument auf einer 32 Meilen langen Straße, die faszinierende Ausblicke bereithält. Die vielen Fotostopps verlängern die Fahrzeit auf 2 ½ Stunden. Zurück auf dem Highway 50 ziehen wir trotz der großen Hitze (fast 40 Grad) die Jacken an, da man nun 75 Meilen pro Stunde fahren darf. Am kleinen Drecksnest Cisco mit seinen 10 Einwohnern verlassen wir den Highway um auf die Straße 128 abzubiegen. Diese führt später in den Arches Nationalpark. Die Gegend hier ist wieder sehr trocken, nur vereinzelt sieht man niedrig wachsende, staubige Gebüsche herum stehen. Bei Dewey überqueren wir den hier nur wenige Meter schmalen Colorado River. Die 128 bringt uns in das einsame Castle Valley, mit seinem einzeln stehenden Felsnadeln, ein Geheimtipp. In Moab biegen wir nach Norden ab um nach einigen Meilen links in Richtung „Dead Horse Point“ zu fahren. Der Name des Gebiets ist auf die Nutzung im 19. Jahrhundert zurückzuführen, als Cowboys und Pferdediebe das vorstehende Hochplateau mit den an allen Seiten steil abfallenden Kanten als natürliche Koppel benutzten. Das Hochplateau ist mit der restlichen Hochebene nur über einen schmalen Bergrücken verbunden, der an der engsten Stelle 27 Meter breit ist. Diese Stelle wurde mit Ästen und Gestrüpp versperrt, so dass die Pferde eingeschlossen waren. Anschließend wurden die Pferde, die zur Zucht aussortiert wurden, mitgenommen. Für die zurückgelassenen Pferde endete die Gefangennahme teilweise tödlich, weil es auf der beschränkten kargen Fläche kaum geeignete Nahrung, keine natürlichen Wasserquellen und Schattenplätze gab. Sie verdursteten, während 600 Meter unter ihnen der Colorado vorbei floss. Die Wasserknappheit (im Schnitt fallen 25 cm Niederschlag pro Jahr) wirkt sich auf Fauna und Flora gravierend aus. Die Pflanzen haben die Größe ihrer Blätter reduziert, um die Verdunstung zu reduzieren. Einige Pflanzen haben ihre Blätter mit einer Wachsschicht überzogen und reduzieren damit ihren Wasserverlust. Tiere in dieser Gegend sind vorwiegend nachtaktiv. Die Sackgasse führt 22 Meilen durch tolle Landschaft und endet schließlich an einem unglaublichen Aussichtspunkt.

Von der südlichen Spitze hat man einen besonderen Ausblick aus 1.700 Meter Höhe auf den über 600 Meter tiefer gelegenen Colorado River, der an dieser Stelle eine 180° Kehre macht. Es bereits später Nachmittag und die Sonne bringt die Felsen zum Glühen. Mit passender Musik geht’s bei untergehender Sonne zurück bis nach Green River. Dort quartieren wir uns im Motel 6 ein. Motel 6 ist so ziemlich die billigste Motel Kette in Amerika. Leider merkt man das auch. Vor dem Pool liegen Taschentücher und Papier herum. Das Zimmer ist auch nicht gerade 1a. Da die Klospülung defekt ist, wechseln wir das Zimmer. Green River gibt auch kulinarisch nicht viel her und da es bereits dunkel ist, versuchen wir heute mal einen Würger-King. Steffi lernt dabei das besonders leckere Bubble-Gum-Cola kennen, auf dem Beer steht.

Freitag, 21. August 2009         

Als es hell wird packen wir zusammen. Es passt irgendwie zum Gesamtbild von Green River, dass unser Motorrad voll mit Fledermauskot ist. Werner schnappt sich ein Handtuch vom Motel um das Zeug hierzulassen. Um 6 Uhr stehen wir an der großen Truck-Stop-Tankstelle und ziehen uns erst mal einen Kaffee rein. Auf dem Highway Nr. 70 zuerst ein Stück Richtung Westen, aber bald zweigen wir ab auf die einsamere Nr. 24 Richtung San Rafael Dessert. Eine großflächige Wüste, die wir ganz alleine durchqueren. Mittendrin machen wir eine Pause. Wir hören das Geräusch eines Fahrzeugs, das näher kommt. Aber weit und breit ist nichts zu sehen. Kriegen wir langsam den Wüstenkoller? Nach 46 Meilen ist Hanksville erreicht, eine kleine Oase die vom „Dirty Devil River“ gespeist wird. Deshalb blühen hier sogar Sonnenblumen. Nach Hanksville fahren wir lange im ausgetrockneten Tal des Fremont River entlang bis schließlich der Capitol Reef Nationalpark erreicht ist. Der Name stammt von den Bergformationen, das die ersten Pioniere an ein Riff erinnerte. Im 19. Jahrhundert gründeten mormonische Siedler den Ort Fruita. Kernstück des Nationalparks ist die Waterpocket Fold, eine über 150 km lange geologische Formation, die sich in Nord-Süd Richtung erstreckt. Die ursprünglich horizontalen Bodenschichten, die aus Sedimenten entstanden, wurden bei der Anhebung des Colorado Plateaus leicht geneigt und gebogen. Der Nationalpark hat eine Fläche von fast 1.000 km². Die Plateauberge leuchten in allen Farben, wir sind begeistert. Lila, rot, weiß und beige – es schaut aus wie angeschnittene Torten. In Torrey biegen wir ab auf die Straße Nr. 12 Richtung Süden. Da die Straße bis auf 2.800 Meter ansteigt wird es grüner, sogar Kiefern wachsen hier.

Am Fahrbahnrand wächst Scheuchzers Wollgras. Nach einem Pass geht es runter in den Escalante Canyon. Die Straße führt einen Grat entlang, links und rechts fällt tief ausgesetzt die Schlucht des Canyons nach unten. Es ist sehr heiß, wir schwitzen. Deshalb kommt uns in Cannonville die Tankstelle mit seinem kleinen klimatisierten Café gerade recht. Von hier sind es nur noch ein paar Meilen in den Bryce Canyon, der sich in einer Höhe von 2.400 bis 2.700 Metern befindet. Der Park wurde um 1850 von weißen Siedlern besiedelt und erhielt seinen Namen von Ebenezer Bryce, der 1875 von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hierher geschickt wurde, um an der Erschließung des Gebietes als Zimmermann mitzu- arbeiten. Er baute eine Straße zum Plateau hinauf, um dort Bäume zu fällen und daraus Bretter und Feuerholz zu gewinnen. Er sah das Naturwunder eher von der praktischen Seite und bezeichnete es als „a hell of a place to lose a cow“. Der Park wurde 1928 zum National Park erklärt und wird heute von deutlich über einer Million Besucher jährlich besucht. Häufige Niederschläge und Erosion durch gefrierendes Wasser formten das heutige Gesicht der zahlreichen Amphitheater. Pro Jahr gibt es auch heute noch bis zu 200 Frost- und Tauwetterperioden, welche noch immer den Park erodieren. Wir bezahlen 22 Dollar pro Nase Eintritt. Die Straße führt 16 Meilen auf einem Plateau entlang. Auch hier gibt es diverse Views an denen man anhalten kann um die bis zu 60 Meter hohen, bizarren Felsnadeln - so genannte Hoodoos - zu besichtigen. Wir fahren zuerst bis ans Ende des Canyons um dort mit unserer Tour zu beginnen. Um 15 Uhr kommen wir dort an und fotografieren wie wild, alle Views auf der Strecke bis zum Imagination Point. Im wunderschönsten Spätnachmittagslicht leuchtet der Bryce Canyon. Das haben wir wirklich gut erwischt. Am Ende fahren wir noch hoch zum Bryce Point, ein fantastischer Überblick. Wie in einem Amphitheater reihen sich die Hoodoos auf.

Nach 3 stündiger Fotoorgie verlassen wir den Park. Wir rollen runter bis zur Straße Nr. 89, immer begleitet von Kilometer langen Rauchschwaden eines nahen Brandes. Um möglichst weit vom Bryce Canyon entfernt wenigstens einigermaßen kostengünstig zu schlafen, möchten wir noch ein paar Meilen machen. In Hutch fragen wir in einem Motel bei einem zahnlosen Typen. Er bietet uns lediglich ein Zimmer ohne Frühstück für 75 Dollar an. 200 Meter weiter bekommen wir ein Zimmer für 53 Dollar. Leider ist das Steakhouse geschlossen. Aber wenigstens können wir noch einen Hamburger ergattern, bevor man hier in Hutch um 20 Uhr die Bürgersteige hochklappt.

Samstag, 22. August 2009        

Um 6 Uhr hüpfen wir in unsere Klamotten und stapfen gegenüber in die kleine Tankstelle. Steffi passt das zuerst nicht, weil sie denkt hier gibt es eh nichts zum Frühstück. Aber siehe da, der murrige Typ hinterm Tresen hat sogar frische Melonen. Dazu ein schmackhaftes Truthahn Sandwich und einen Kaffee. Danach ziehen wir unsere Jacken an. Hutch liegt relativ hoch, der Himmel ist bedeckt, so ist es noch morgendlich frisch. Nach einem 2.200 Meter hohen Pass führt uns die Strecke in Richtung Zion Nationalpark. Am Abzweig von der Straße Nr. 89 steht ein Schild. Hier steht bereits der Eintrittspreis für den Zion Nationalpark: 25 Dollar pro Nase. Da man im Zion Nationalpark nur mit Shuttle Bussen vorwärts kommt und das Wetter auch ziemlich schlecht geworden ist, lassen wir den Park rechts liegen. Wir tuckern weiter bis Fredonia und durchqueren anschließend ein Indianerreservat. Hinter St. George überqueren wir die Grenze zu Arizona. Auf dem Highway Nr. 15 haben wir noch 60 Meilen bis Las Vegas. Es ist windig und heiß. Unsere Jacken haben wir in die Koffer gepackt. Die Wolken sind inzwischen dunkelgrau. Es sieht aus, als ob es jeden Moment richtig zu schütten beginnt. Aber wir schaffen es noch trocken in Las Vegas einzurollen. Wir kennen uns ja jetzt schon aus, nehmen die passende Abfahrt vom Highway auf die Flamingo Road bis zum Ellis Island. Im Supermarkt ergattern wir einen 3 Liter Kanister Wasser, den wir sogleich in uns reinschütten. Der trockene Wüstenwind hat uns ausgedörrt. Steffi hat sich sogar noch ein süßes Hörnchen gekauft, wann gibt es das schon? Was die Wüste alles aus den Menschen macht…

 

Erneut quartieren wir uns im Super 8 Motel ein, da man hier ruhig und zentral schlafen kann. Nach kühler Dusche watscheln wir vor auf den Strip. Es gibt noch jede Menge zu sehen, das wir noch nicht kennen. Zuerst schauen wir uns im Planet Hollywood um. Ein Einkaufstempel mit künstlichem Himmel in orientalischem Ambiente. Danach ins MGM. Eiskalte Luft kommt uns bereits am Eingang entgegen. Ein paar Girls trauen sich doch glatt hier im Bikini herumzulaufen. Noch vor den Spielcasinos hat man einen ca. 200 m² großen Glaskäfig mit dicken Scheiben aufgebaut, in dem sich ein Löwenpärchen befindet. Mittels eines Tunnels kann man unten durch gehen und befindet sich dann als Zuseher mitten im Käfig. An der Seite plätschert ein Wasserfall. Die Löwin huscht durch den Wasserfall und verschwindet. Der männliche Löwe hat aber partout keine Lust nass zu werden. Einerseits möchte er ihr hinterher, andererseits scheint er doch sehr wasserscheu zu sein. Im MGM gibt es viele Restaurants, die meisten jedoch hochpreisig. Unglaublich aufgemotzte Spezialitätenrestaurants locken mit modern gestyltem, kostspieligem Mobiliar. Die Gäste sind vornehm gekleidet. Meist werden Menüs angeboten, die bei 85 Dollar beginnen. An einer Bar bestellen wir zwei Margaritas. Der Tequila steigt uns natürlich schnell in den Kopf. Leichten Fußes schweben wir gegenüber ins New York ein. Dort geht es etwas legerer zu. Es ist zwar alles nett aufgemacht, so dass man meint man wäre irgendwo am Mittelmeer in einem kleinen Fischerdorf, aber das ist uns jetzt auch wieder zu leger, wir möchten keine Burger oder Pizza essen. So watscheln wir weiter ins Monte Carlo. Das klingt so richtig nach Spielkasino und wie wir wissen gibt es dort ja immer sehr gutes und auch günstiges Essen. Uns gefällt es schon alleine, weil es nicht so eiskalt ist wie im MGM. Wir finden ein Restaurant mit einem Dinner Buffet für 18$95, plus Tax, pro Nase.

 

Alles ist sehr appetitlich hergerichtet: Scampi, Krebse, Roastbeef, Truthahn, einen mongolischen Grill, jede Menge frisches knackiges Gemüse, Muscheln, Sushi, usw. – alles was man sich nur vorstellen kann. Wir futtern einen Teller nach dem anderen. Werner wird’s etwas schwindlig von der Völlerei. Er steht auf und vertritt sich vor dem Restaurant ein wenig die Füße. Zwischenzeitlich hat sich Steffi bereits den zweiten Nachspeisenteller geholt. Es gibt diverse kleine Törtchen und Kuchen, Crème brûlée, Fruchttörtchen, Pecannuss-Pudding, und und und. Nach einigen Nachspeisentellern kugeln wir nach draußen. Die Beine mögen kaum noch gehen. Auf dem Strip tobt der Bär. Es ist Samstagabend und entsprechende Menschenmassen sind unterwegs. Die Männer zumeist gut gestylt mit markantem Rasierwasser, die Frauen nett geschminkt in Miniröcken. Manche auch im Elvis Lock oder mit rosa Plüschhüten bzw. Petticoat Röcken. Ein bunter Haufen Menschen. Auf den Bürgersteigen verteilen Mexikaner kleine Zettel mit halbnackten „Hot Babes“ drauf. Hier wird offen Werbung für Prostituierte gemacht. In anderen Bundesstaaten ist Prostitution gänzlich verboten, hier nicht. Plötzlich sind wir umringt von Polizeisirenen auf Motorrädern und Mountainbikes. Ein paar Polizisten schnappen sich laut schreiend in Windeseile zwei Drogenverkäufer. Einer liegt bereits in Handschellen am Boden. Schleunigst machen wir uns aus dem Staub, zurück in unser Zimmer. Good night, crazy town Las Vegas.

Sonntag, 23. August 2009         

Wir schlafen bis ½ 9, der Himmel strahlt in schönstem Blau. Es geht die gleiche Strecke aus Las Vegas heraus, Richtung Hoover Damm, aber nach einigen Meilen biegen wir auf die 95 nach Süden ab. Nun fahren wir auf eine Gewitterfront zu. Die Wolken krallen sich an den Eldorado Mountains, eine lang gezogene Bergkette der Mojave Wüste, fest. Es beginnt leicht zu tröpfeln. Werner hält an um die Regenklamotten anzuziehen. Gerade noch rechtzeitig, denn gleich danach beginnt es aus allen Eimern zu schütten. Wir fahren weiter auf die schwarze Gewitterwand zu, obwohl die Straße bereits unter Wasser steht. Jetzt fängt es auch noch an zu Hageln. Hier gilt der Spruch: In der Wüste kannst du entweder verdursten oder ertrinken. Es hagelt uns in die Ohren. Werner verzieht sich hinter das Windschild und Steffi verzieht sich hinter Werner. Nach ein paar Meilen haben wir die Gewitterfront durchfahren, dahinter wird es schon wieder ganz hell. Innerhalb 100 Meter ist die Straße wieder trocken und warmer Wind bläst uns entgegen. In der kleinen Ortschaft Searchlight ziehen wir in der Sonne das Regenzeug wieder aus. Es dauert nur ein paar Minuten bis alles trocken ist. Auf der 95 geht es weiter Richtung Süden, genau in das Dreieck wo Nevada, Arizona und Kalifornien zusammen kommen. An einem einsamen Bahnübergang kreuzen wir einen ewig langen Güterzug, angetrieben von vier Diesellokomotiven. Wir müssen fast 5 Minuten warten bis der ganze Zug vorbei gefahren ist. Die Interstate 40, eine Straße die sich durch ganz Amerika bis an den Atlantik zieht, geleitet uns ein Stück zu unserem nächsten Ziel: Lake Havasu City.

 

Es geht noch einmal über den türkisfarbenen Colorado River. Schnellboote flitzen mit Wasserskifahrern mitten in der Mojave Wüste hin und her, das schaut schon ein wenig verrückt aus. Lake Havasu City wurde erst 1965 gegründet, hat 56.000 Einwohner und seine Attraktion ist die original London Bridge. Die 1831 in London erbaute Brücke konnte den ständig zunehmenden Verkehr über die Themse nicht mehr bewältigen. Deshalb entschied sich die britische Regierung, die Brücke zu verkaufen. Robert McCulloch, Gründer der mitten in der Wüste von Arizona gelegenen Stadt Lake Havasu und Vorstandschef der McCulloch Oil Corporation, ersteigerte die Brücke für 2.460.000 US Dollar. Die Brücke wurde abgebaut und jeder Stein sorgfältig markiert. Alle Teile wurden auf dem Seeweg nach Long Beach in Kalifornien gebracht, über 15.000 Kilometer von London entfernt, und von dort aus mit Lastwagen nach Lake Havasu City transportiert. Der Wiederaufbau begann am 23. September 1968 mit einer Zeremonie, in welcher der Oberbürgermeister von London den Grundstein legte. Am 10. Oktober 1971 konnte die Brücke (wieder) eingeweiht werden. 

Da es sehr heiß ist, suchen wir bereits am frühen Nachmittag nach einem Zimmer mit Pool. Im Days Inn werden wir fündig und genießen den Nachmittag am Pool. Nach 2 Stunden vertreibt uns ein Gewitter. Auch Recht, dann gehen wir eben was futtern. Nur 100 Meter sind es bis zu einem Dannys Restaurant. Wir sind begeistert, da es dort mal leckeres Essen zu moderaten Preisen gibt. Als wir beim Abendessen sitzen, zucken heftige Blitze mit entsprechendem Donner. Oben dunkle Gewitterwolken, unten geht blutrot die Sonne hinter Palmen unter. Aus den Lautsprechern tönt CCR: „Have you ever seen the rain?“.